Liebe(lieber) AgiArchiv hat geschrieben: Di 6. Feb 2018, 14:43Hallo Brigitte,Archiv hat geschrieben: Di 6. Feb 2018, 14:42Ich habe Cluster seit 14 Jahren. Davon 11 Jahre chronisch. Beidseitig mit extrem hoher Attackenfrequenz.Archiv hat geschrieben: Di 6. Feb 2018, 14:42
Hallo,
ich sehe das alles auch ähnlich, bin zwar noch in der Anfangsphase des Akzeptieren und hab auch dauernd noch meine Rückschläge, aber solche fiesen "Teile" wie der Cluster lassen auch ein paar positive Dinge zu oder lassen es entwickeln, ich versuche immer positiv Dinge aus diesem Cluster, mit dem ich halt leben muss, zu ziehen.
Da ich mit vielen Menschen auf persönlicher Ebene arbeite, kann ich inzwischen Menschen mit strken persönlichen Krisen eher verstehen und nachvollziehen, ich bin in solchen Dingen auch deshalb emotionaler geworden und kann mit Menschen mit für sie unüberwindlichen Problemen besser arbeiten (wenn ich fit bin).
Also ich arbeite mit pubertierenden Jugendlichen, OK die haben dauernd heftigste Krisenaber es sind auch wirkliche Krisen dabei.
Ich denke der Cluster hat mir persönlich auch etwas gebracht und wird mir noch sehr viel an geistiger Stärke bringen, das Gegenteil davon natürlich auch.
Versuche mir immer Bereiche herauszusuchen, wo ich sehen kann, dass ich bei den fiesesten Dingen noch pos. wachsen kann, würde es vielleicht sonst auch nicht so aushalten, wie ich es momentan schaffe.
Liebe Grüße and think positiv![]()
Pausi
Es würde mir im Traum nicht einfallen, die Krankheit als "Freund" anzusehen, mit ihr zu sprechen, sie wenn möglich noch zu umarmen.
Das ist "Romantisierung" und keine Methode zur Linderung.
Ich akzeptiere die Krankheit als das, was ist. Eine unheilbare schmerzhafte Behinderung. Ich habe mein Leben danach eingerichtet, kupiere die Attacken und widme mich wieder anderem. Geistig wie körperlich.
Aber es würde mir nie einfallen, die Krankheit zu personalisieren und sie zu behandeln, wie einen imaginären Freund oder ein Haustier.
Freunden und meinen Haustieren widme ich Zeit, gebe ihnen Zuwendung und profitiere von ihrer Existenz.
Von der Krankheit profitiere ich beim besten Willen nicht. Aber sie ist nun mal da und ich muss vorübergehend oder lebenslänglich damit leben.
"Die Krankheit als Freund annehmen und sie entsprechend personalisieren und behandeln" ist eine Idee, die auf dem Mist der Psychotherapeuten gewachsen ist.
Romantisierungstendenzen - sie sind auch im Sozialbereich anzutreffen - bergen dieselbe Gefahr wie "Positiv denken, um jeden Preis".
Solche Ratschläge für den Umgang mit "nicht veränderbaren Umständen" sind gefährlich. Sie können schnell zu Frust führen, wenn die erwünschte und meist eingebildete Linderung nicht eintrifft. In den schlimmsten Fällen verhindert sie sogar, dass die Betroffenen sich medizinisch behandeln lassen.
Krankheit ist nie ein "Freund". Krankheit ist genau wie eine Verletzung in erster Linie eine Gefährdung der Gesundheit. Aber nicht mehr und nicht weniger.
Statt die Krankheit zu "umarmen" kann man ihr effizient mit den vorhandenen medizinischen Möglichkeiten (täte man bei einer lebensbedrohlichen Infektionskrankheit auch) begegnen, sich das persönliche Leben danach einrichten, und ansonsten seine echten Freundschaften pflegen, seine geistige Zeit einem guten Buch, guter Musik oder einem guten Film widmen, statt sowas wie die Laus im Pelz zu pflegen.
brigitte obrist
ich habe Deinen Beitrag mehrfach durchgelesen, und dann die anderen Beiträge
zu diesem Thema auch.
Ich denke, daß alle auf eine gewisse Art Recht haben.
Die Menschen sind verschieden. Deshalb wird auch die Beziehung zu ihrer
Krankheit dem jeweiligen Charakter entsprechend auch verschieden sein.
Da Cluster bis jetzt nun mal nicht heilbar ist, müssen sich die Betroffenen
damit arrangieren. Und jeder tut es auf seine Weise. Der eine akzeptiert
die Krankheit als ein ungewolltes aber unabdingbares Übel und denkt nicht
weiter darüber nach; so wie Du.
Der andere findet Erleichterung darin, der Krankheit einen Namen zu geben,
um mit ihr schimpfen zu können.
Sicherlich gibt es noch zahlreiche Methoden, die in den Beiträgen nicht
erwähnt wurden.
Ich finde, daß jeder auf seine Art den Weg finden muß, der aus der krankheitsbedingten Frust und evtl. Depressionen herausführt. Hauptsache,
es wird dadurch etwas besser.
Ich wünsche Dir viel schmerzfreie Zeit.
Gruß
Agnes
Gegen das Schimpfen habe ich ja nichts einzuwenden. Das ist ja eine gesunde Reaktion. Wenn wir egal weswegen Schmerz empfinden, dann betrachtet der "Neandertaler" in uns der Urinstinkt, das als Zeichen eines Angriffes. Auch wenn der "Angreifer" unsichtbar ist. Werden wir angegriffen (ob nun real oder eben unsichtbar) setzt der Körper Hormone frei, die uns schneller aggressiver und stärker machen. Bei Schmerz passiert das auch. Cluster ist so starker Schmerz, dass diese ganze Stress- und Aggressionskette, die durch die Ausschüttung von Adrenalin, Noradrenalin, Cortisol etc.nicht nur dazu führen, dass dieses Gefühl ensteht, man möchte aus der Haut fahren, sondern auch Wut.
Man beschimpft auch das Stuhlbein, an dem man sich gestossen hat. Ohne dieses gleich zu einem Freund zu erklären.
Was machst Du, wenn Du von einem rülpenhaften Autofahrer fast überfahren wirst?
Schliesst Du ihn Deine Gebete ein, verzeihst ihm, weil er zu den armen Menschen gehört, die noch den falschen Werten hinterherfährt, oder rufst Du mal ne Runde aus? Vielleicht nur innerlich? "So ein A..." kann man ja auch denken.
Krankheiten sind biologische Bedrohungen. Manche haben wir durch unsere moderne Gesellschaft in den Griff bekommen. z.B. Tuberkulose oder Fieberbläschen.
Krebs, die Mutation von Zellen, haben wir nur bei wenigen Arten im Griff.
Diabetes, Epilepsie, Parkinson ALS, MS, alles nicht heilbar. Nur besser behandelbar, als noch vor 50 Jahren.
Bei Verletzungen tun wir inzwischen auch selbstverständlich Dinge, die verhindern, dass wir wie früher daran starben. Infektionen, Wundbrand, Tetanus, Blutvergiftung.
Ein Schnitt mit dem Brotmesser ist ein Grund, sich über seine eigene Ungeschicklichkeit zu ärgern, aber Pflaster drauf und nicht im Dreck wühlen, helfen besser, dass die Wunde verheilt, als diese in irgendeiner verklärten Form als Freund anzunehmen.
Es geht ums Prinzip.Dass wir Menschen in verschiedenen Weisen unsere Angst vor dem Tod zu überwinden versuchen, indem wir Welten und Leben nach dem Tod kreieren ist ein adäquater Umgang mit dem Leben.
Wenn wir aber wieder anfangen, Krankheiten zu etwas zu erklären, das sie nicht sind, entziehen wir uns den realen und vielleicht lebenswichtigen Anforderungen, die das Leben an uns stellt.
Es ist für die Gesunden (und zu denen gehören genau die Schmerztherapeuten, die solche Thesen schon vor 20 Jahren in die Welt setzten)die in unseren Krankheiten einen Sinn sehen wollen.
Früher war es eine Strafe Gottes. Das hat zur Ausgrenzung der Aussätzigen (Kranke jeder Form) geführt. Jetzt grenzen wir auf andere Art aus. Jetzt muss es einen Sinn haben, einem zu einem besseren Menschen machen.
Und genau da fängt das Problem an. Was wenn dieser Mensch Du oder ich nicht so werden, wie man uns gerne hätte. Dankbar vielleicht, Demut vor dem Leben durch die Krankheit.
Ich bin nicht demütig geworden durch die Krankheit, ich sehe auch keinen Sinn darin und schenke der Krankheit unfreiwillig Aufmerksamkeit. Schmerz in so starker Form zieht die Aufmerksamkeit von uns auf sich , auf die schmerzende Stelle. Ob wir wollen oder nicht. Und in diesem Zustand können wir nicht auf die Bedürfnisse von Freunden und Angehörigen eingehen.
Das liegt in der Natur der Sache. Hat aber nichts verklärendes an sich.
Man kriegt nicht wie von einem Freund oder einem lieben Menschen durch die Aufmerksamkeit,die wir gezwungenermassen der Krankheit widmen müssen, etwas zurück.
Aber wenn wir die Krankheit zu einem Begleiter machen, dann ist das für unsere Umwelt ziemlich praktisch. Denn dann haben wir nicht darüber zu jammern. Denn dann haben wir ja offentsichtlich wie bei einem echten realen Freund oder auch nur bei einem Haustier, etwas davon. Dann ist Krankheit nichts Schlechtes, sondern in Verkehrung der Realität etwas Gutes.
Diese Personalisierung von Krankheit und Schmerz ist nur eine Masche, um es anderen leichter zu machen. Nicht uns Kranken. Denn weh tut es uns. Und sovielwir uns anstrengend, der Mistkerl, den wir nett "Begleiter" oder "Freund" nennen ist und bleibt in unseren Instinkten, ein Feind gegen den wir uns wehren müssen.
Jetzt gerade ist er auf der linken Seite, Höhe Ohr....und wenn ich jetzt nicht aufgestanden wäre und ihn mit einer Imgigraninjektion bekämpft hätte, stattdessen mit diesem brennenden bohrenden Schmerz in meinem Ohr und meiner Wange einen netten Plausch geführt hätte, dann würde er nicht innerhalb der nächsten 10 Minuten verschwinden, sondern es bei mir ganz gemütlich finden.
Meine Nachbarn würden sich beschweren ,weil ich irgendwann so laut mit ihm reden würde und dabei meinen Kopf gegen den Computerbildschirm schlagen würde, weil ich eigentlich tief in mir drin, nur will, dass er wieder verschwindet.
Aussagen wie man muss Clusterkopfschmerz als "Begleiter" oder als "Freund" annehmen und mit ihnen reden, ist doch Hohn in den Ohren derer, die keine oder noch keine Mittel zur Bekämpfung des Schmerzes haben. Keinen Sauerstoff, weil man mit dem Schmerz ja einen "sozialen und netten" Umgang pflegen kann und er dann genau wie ein realer Mensch erträglicher wird.
Nicht einmal reale Menschen wandeln sich vom Saulus zum Paulus, weil wir nett sind zu ihnen. Wie sollte es dann ein biologisch/chemisches Phänomen tun.
Clusterkopfschmerz ist kein "Freund", kein "Begleiter", sondern wenn wir sie schon personalisieren müssen, dann ein "Feind". Und etwas bekämpfen muss nicht einfach schlecht sein, sondern ist manchmal einfach notwendig. Genauso wie wir Dreck, Bakterien oder Schimmelpilz auch bekämpfen und nicht verklären und sie zu unseren "Mikrofreunden" machen.
Schwachsinn bleibt Schwachsinn, egal wie oft man erklärt, es sei keiner.
brigitte obrist