Archiv hat geschrieben: Fr 6. Apr 2018, 20:44
Guten Tag liebe “Kolleginnen” und “Kollegen”.
Deutsch ist nicht meine Muttersprache, aber ich versuche trotzdem was positives in diesem Forum zu berichten.
Bei der Suche im Internet nach Methodiken, die bei Attacken helfen können, bin ich auf einige Berichte drauf gekommen, dass bei manchen Leuten intensiv Work-out während Attacken sehr gut hilft. Klang für mich sehr interessant, da der Körper bei der Attacke eigentlich genau das braucht - die Bewegung.
Diese Methodik habe ich bei meiner letzte Episode ausprobiert und kann jetzt was dazu sagen.
Zuerst über mich:
Ich bin 41. CKS (episodisch) habe ich seit 17 Lebensjahr. Episodendauer: 3-4 Wochen. Wiederholung: jede 6-12 Monate, letzte 3 Episoden je. 18 Monate. Attackendauer: 2-3 Stunden. Attackenanzahl:1-2 am Tag, davon ist aber nur eine “Schmerzvoll”, meistens in der Nacht nach dem Einschlafen. Die zweite ist normalerweise morgens und ist “erträglich”. Intensität: Ist natürlich eine subjektive Wahrnehmung. Ich kann nicht mehr ruhig sitzen oder liegen, die Auge und die Nase “laufen”. Wenn ich mich anstrenge und versuche ruhig zu bleiben, dann fangen die Beine selber zu zittern. Es hilft mir nur die Gedanke, dass die Attacke irgendwann vorbei ist und die Episode auch nicht endlos wird. Auslöser: Alkohol und Schlaf.
Medikamenten: Sumatriptan 100mg. Habe ich erst vor 2 Jahren ausprobiert. Hilft bei mir nicht immer oder sehr langsam und verursacht Nackenspannung Gefühl für die nächste 6-8 Stunden.
Jetzt zur Methodik:
Wenn eine Attacke anfängt, abwarten bis sie stark wird (Nase und Auge laufen, der Körper braucht Bewegung), dauert bei mir 15-20 min, nur danach geht es los.
Kurz aufwärmen und 15-20 min lang sich mit dem sportlichen Workout unter Druck setzen.
Ich habe die Klimmzüge (3 Sets), Liegestütze (3 Sets), ein paar Übungen mit Kurzhanteln je 3 Sets gemacht. In jedem Set bis “nicht mehr geht”. Die Pausen habe ich sehr kurz gehalten ca. 30 sec und in den Pausen in die Luft geboxt. Also immer bewegen, nicht stehen.
Die Methodik hat mir unglaublich gut geholfen!!!
Schon nach 3-4 Sets war bei mir der Schmerz weg. Von 8 “Schmerzvollen” Attacken habe ich 7 gestoppt, bei eine hatte ich kein Kraft mehr( es war die 2-e Attacke innerhalb von 4 Stunden in der Nacht). Die Episode ist sehr mild abgelaufen und hat nur 2 Wochen gedauert. Die Attacken haben die übliche Stärke nicht erreicht.
Natürlich nach dem “Sport” in der Nacht geht nicht so einfach weiter mit Einschlafen, aber es ist viel besser so, als mit dem Schmerz. Für einen Schlafausgleich ging ich schon um 20 Uhr ins Bett. Um 23 Uhr "geweckt", trainiert und danach weiter geschlafen. 2 Kg habe ich abgenommen, was auch positiv ist
Bei sehr intensiven Attacken hilft angeblich zuerst “Kälteschock” ausprobieren. Kalte Dusche bis nicht mehr geht und nur danach Sport. Habe ich nicht gemacht, war nicht nötig.
Ich vermute der Schlüssel liegt im Hormonschub. Es wird jede menge an Hormonen bei intensiven Sport Aktivitäten produziert. Die Methodik wird nicht jedem helfen, aber wenn es doch jemanden hilft, wie es mir geholfen hat, dann freue ich mich.
Hallo crazykopf,
ich kann nur bestätigen, dass intensiver Sport hilft. Ich bin fast erleichtert, zu lesen, das es auch bei anderen so ist.
Ich habe auch seit über 17 Jahren Cluster, mittlerweile chronisch und ohne echte Remission, selbst nicht unter Prophylaxe-Medikation (Die Attacken sind unter Isoptin/Verapamil jedoch schwächer).
Ich mußte bis Anfang diesen Jahres (also 17 Jahre lang) zusehen, wie ich mit diesem Leiden klarkomme, da nie die richtige Diagnose gestellt wurde.
Vor der Diagnose hatte ich nur den Sport, der mir geholfen hat. Zunächst bin ich immer Laufen gegangen. Nicht so ein wenig joggen, sondern wirklich Rennen. Nach vier Wochen wollten meine Knie nicht mehr. Daraufhin habe ich mir kurzerhand ein Rennrad besorgt.
Ich bin damals (vor 6 Jahren) dann aber auch wirklich immer an der Grenze gefahren. Ich beschreibe das heute so:
Ich könnte den Kopf an die Wand schlagen, aber das sieht irgendwie etwas irre aus. Da ist wie eine besengte Sau Rennradfahren einfach die sozial verträglichere Lösung.
Mittlerweile mache ich das etwas kontrollierter, spätestens seitdem ich durch die Diagnose bewußter und nachhaltiger mit der Erkrankung umgehen kann.
Mein Ansatz sieht folgendermaßen aus:
- regelmäßiges moderates Grundlagentraining unabhängig von den Attacken und zur Vorbeugung
- bei einer Attacke lege ich eine etwas intensivere Trainignseinheit ein, wenn es die Situation erlaubt
- ich versuche nie alleine zu fahren, denn durch den "Tunnelblick" während einer Attacke bring ich mich schon das ein oder andere mal in gefährliche Situationen.
Das erstaunliche ist, dass ich trotz Isoptin, das ja eigentlich die Leistungsfähigkeit herabsetzt, eine sehr gute Kondition aufbauen konnte! Mein Hausarzt hat mir prophezeit, ich würde sehr schnell aus der Puste sein und nicht mehr wirklich Leistungssport treiben können unter Isoptin. Aber bei mir geht das bei 480mg/Tag und mehr immer noch sehr gut!
Davon abgesehen hilft Sport auch, um die psychische Belastung besser wegstecken zu können. Wir Cluster-Patienten sind eigentlich die tapfersten Menschen und kaum einer ist so gut trainiert darin, etwas auszuhalten wie wir. Warum also nicht aus der Not eine Tugend machen und Ausdauersport betreiben? Wenn jemand "beißen" kann, dann wir!
Das Schöne am Sport ist, dass man hier für das Aushalten auch belohnt wird. Während wir bei unseren Cluster-Attacken einfach nur froh sind, wenn es vorbei ist, können wir beim Sport durch das Aushalten bzw. Durchhalten auch was erreichen und haben am Ende etwas in der Hand, auf das wir stolz sein können: den Trainingserfolg (oder ein paar verlorene Kilos).
Und stolz kann jeder von uns sein; dafür, dass wir unser Leben mit dieser Beeinträchtigung meistern. Das müssen wir uns nur jeden Tag vor Augen halten.
Vielleicht motiviert unsere Ausführung ja den ein oder anderen, es mit intensivem Sport auszuprobieren. Ich bin neugierig zu erfahren, bei wem es hilft und was Eure Erfahrungen sind!
Viele Grüße,
Mina