Tumraneedi stellt sich vor
Verfasst: Fr 26. Jun 2020, 09:36
Hallo Forum,
ich bin seit langer Zeit Betroffener und jetzt seit kurzem Mitglied in CSG. Ich möchte mich daher gerne etwas vorstellen. Ich freue mich auf einen regen Austausch mit euch.
Ich leide schon seit mehr als 40 Jahren an „Kopfschmerzen“, daher weiß ich, dass es bei Kopfschmerzen ein langer und mühseliger Weg sein kann, bis eine handfeste Diagnose feststeht und man dann nicht um die Krankheit, sondern gegen die Krankheit kämpfen kann.
Als Kind und Jugendlicher wurden meine ständigen Kopfschmerzen erst mit dem Wachstum, dann mit der Pubertät, dann wiederum als Spannungskopfschmerz und nicht zuletzt, auf Grund meines schon in jungen Jahren recht hohen Schmerzmittelkonsums, als medikamenteninduzierter Kopfschmerz abgetan. Schließlich hieß es dann, ich habe „Migräne“!
Ich hatte im Laufe der Jahre dann die unterschiedlichsten Heilungsansätze ausprobiert. Mir wurden Zähne gezogen, die Nase operiert, es gab Schmerzmittelentzüge und Umstellung auf andere Schmerzmittel. Ich war in Schmerzkliniken, habe Entspannungsübungen gemacht und Psychologen aufgesucht, habe Migräne-Kongresse besucht und vieles mehr. Irgendwann war ich müde und habe die „Migräne“ als Teil von mir akzeptiert. Ich habe mit dem Kopfschmerz leben gelernt und er war ein ständiger Begleiter – kein Freund, aber immer dabei.
In den letzten 10 Jahren waren die Kopfschmerzen von starken Zahnschmerzen begleitet. Ich konnte Phasenweise nicht richtig essen, da ich auf der rechten Seite nicht mehr kauen konnte. Daher habe ich viele Stunden bei diversen Zahnärzten und Kieferchirurgen verbracht. Ich hatte mehrere Wurzelbehandlungen und 3 Wurzelresektionen. Interessanterweise alle beim gleichen Zahn, bis dieser mir dann gezogen wurde, mit dem Ergebnis, dass die Schmerzen geblieben sind – auch ohne Zahn.
Irgendwann hat dann, glücklicherweise mein Zahnarzt – der sich wirklich viel Mühe gegeben und immer für mich Verständnis hatte, aufgegeben und mich an einen Neurologen überwiesen.
Nun begann ein weiterer Marathon!
Der erste Neurologe hat sich etwas missfällig über die Zahnärzte geäußert und siegessicher schon nach 5 Minuten eine Trigeminusneuralgie diagnostiziert. Ich war darüber sehr erstaunt, da ich wirklich immer die Zähne in Verdacht hatte. Außerdem litt mein Vater an einer Trigeminusneuralgie und ich kann mich gut an meine Kindheit zurück erinnern, als ein mein Vater, ein Bär von einem Mann, sich den Kopf gehalten und vor Schmerzen geweint hat. Ich kannte also die heimtückische Trigeminusneuralgie, die mit ihren blitzartigen Schmerzspitzen einen Mann fällen kann.
Diese Schmerzen hatte ich aber nicht, ich hatte immer lange, zum Teil mehrere Wochen andauernde oft gleichbleibende Schmerzen. Aber wer bin ich, dass ich einem erfahrenen Neurologen widerspreche. Also habe ich neue Tabletten (Gabapentin) geschluckt und die Dosis in kurzer Zeit auf das Maximum erhöht. Erst hatte ich den Eindruck, die Medikamente wirken. Ich war erleichtert, endlich die Krankheit zu kennen.
Nur leider kamen die Schmerzen mit ihrer bekannten Wucht nach kurzer Zeit zurück und auch andere Therapien wie Aspirinspritzen usw. haben gar nicht geholfen. Ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich den letzten Arztbrief meines Neurologen lese. Der letzte Satz lautet: „Jetzt weiß ich leider auch nicht mehr weiter“!
Das ist schon sehr ernüchternd, so etwas von seinem Arzt lesen zu müssen. Es ging also weiter zu anderen Neurologen und Neurochirurgen, allerdings konnte mir keiner helfen.
Jetzt war guter Rat nicht nur teuer, sondern es gab ihn einfach nicht. Wie ich es von meiner beruflichen Tätigkeit im IT-Umfeld gewohnt bin, fing ich ein weiteres Mal an, selber zu recherchieren.
Ich bin dabei auf ein Video der Schmerzambulanz des UKE in Hamburg gestoßen. Es ging um seltene Kopfschmerzkrankheiten. Am Ende dieses spannenden Videos wurde eine Emailadresse eingeblendet, an die Betroffene schreiben konnten. Ich habe also eine Brandmail an das UKE geschrieben und zu meinem Erstaunen erhielt ich umgehend Antwort mit einem zeitnahen Terminvorschlag.
Dieser Termin war eigentlich sehr unspektakulär. Es gab ein ca. 1 1/2 stündiges Gespräch mit einer jungen Ärztin, aus dem Umfeld der Schmerzambulanz. Sie hat sehr gut zugehört und gezielte Fragen gestellt. Am Ende kam dann ihre Einschätzung / Diagnose heraus: Ich leide an einer sehr seltenen primär Kopfschmerzerkrankung mit dem Namen Hemicrania continua.
Ich war darüber sehr erstaunt und ehrlich gesagt auch etwas ungläubig. Konnte das stimmen?
Es gibt aber ein schon älteres Medikament Indometacin (Analgetikum aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika) und die Diagnosekriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft fordern eine Schmerzlinderung durch die Einnahme des Schmerzmittels Indometacin. Bei mir wirkt dieses Medikament, so dass ich jetzt davon ausgehe, wirklich an Hemicrania continua zu leiden.
Leider hat das Indometacin auch einige unschöne Nebenwirkungen, so dass ich es nur in größeren Dosen nehmen, wenn die Hemicrania continua mit einer Schmerzspitze zurückkommt. Ich habe jetzt immer noch lange Schmerzepisoden (meist mehrere Wochen/Monate), doch diese kann ich mit dem Medikament in den Griff bekommen.
Wenn diese Episode vorbei ist, kann ich meistens auf die Minute sagen, wann sie endete, da der Schmerz wie abgeschaltet endet. Leider kommt die nächste Schmerzepisode dann nach wenigen schmerzfreien Tagen.
Fazit: Ich habe gelernt, dass es oft auf einen selbst und auf die eigene Hartnäckigkeit ankommt. Man muss den Ärzten selbstbewusst als Partner gegenüber treten. Man muss aktiv sein und sich rühren.
ich bin seit langer Zeit Betroffener und jetzt seit kurzem Mitglied in CSG. Ich möchte mich daher gerne etwas vorstellen. Ich freue mich auf einen regen Austausch mit euch.
Ich leide schon seit mehr als 40 Jahren an „Kopfschmerzen“, daher weiß ich, dass es bei Kopfschmerzen ein langer und mühseliger Weg sein kann, bis eine handfeste Diagnose feststeht und man dann nicht um die Krankheit, sondern gegen die Krankheit kämpfen kann.
Als Kind und Jugendlicher wurden meine ständigen Kopfschmerzen erst mit dem Wachstum, dann mit der Pubertät, dann wiederum als Spannungskopfschmerz und nicht zuletzt, auf Grund meines schon in jungen Jahren recht hohen Schmerzmittelkonsums, als medikamenteninduzierter Kopfschmerz abgetan. Schließlich hieß es dann, ich habe „Migräne“!
Ich hatte im Laufe der Jahre dann die unterschiedlichsten Heilungsansätze ausprobiert. Mir wurden Zähne gezogen, die Nase operiert, es gab Schmerzmittelentzüge und Umstellung auf andere Schmerzmittel. Ich war in Schmerzkliniken, habe Entspannungsübungen gemacht und Psychologen aufgesucht, habe Migräne-Kongresse besucht und vieles mehr. Irgendwann war ich müde und habe die „Migräne“ als Teil von mir akzeptiert. Ich habe mit dem Kopfschmerz leben gelernt und er war ein ständiger Begleiter – kein Freund, aber immer dabei.
In den letzten 10 Jahren waren die Kopfschmerzen von starken Zahnschmerzen begleitet. Ich konnte Phasenweise nicht richtig essen, da ich auf der rechten Seite nicht mehr kauen konnte. Daher habe ich viele Stunden bei diversen Zahnärzten und Kieferchirurgen verbracht. Ich hatte mehrere Wurzelbehandlungen und 3 Wurzelresektionen. Interessanterweise alle beim gleichen Zahn, bis dieser mir dann gezogen wurde, mit dem Ergebnis, dass die Schmerzen geblieben sind – auch ohne Zahn.
Irgendwann hat dann, glücklicherweise mein Zahnarzt – der sich wirklich viel Mühe gegeben und immer für mich Verständnis hatte, aufgegeben und mich an einen Neurologen überwiesen.
Nun begann ein weiterer Marathon!
Der erste Neurologe hat sich etwas missfällig über die Zahnärzte geäußert und siegessicher schon nach 5 Minuten eine Trigeminusneuralgie diagnostiziert. Ich war darüber sehr erstaunt, da ich wirklich immer die Zähne in Verdacht hatte. Außerdem litt mein Vater an einer Trigeminusneuralgie und ich kann mich gut an meine Kindheit zurück erinnern, als ein mein Vater, ein Bär von einem Mann, sich den Kopf gehalten und vor Schmerzen geweint hat. Ich kannte also die heimtückische Trigeminusneuralgie, die mit ihren blitzartigen Schmerzspitzen einen Mann fällen kann.
Diese Schmerzen hatte ich aber nicht, ich hatte immer lange, zum Teil mehrere Wochen andauernde oft gleichbleibende Schmerzen. Aber wer bin ich, dass ich einem erfahrenen Neurologen widerspreche. Also habe ich neue Tabletten (Gabapentin) geschluckt und die Dosis in kurzer Zeit auf das Maximum erhöht. Erst hatte ich den Eindruck, die Medikamente wirken. Ich war erleichtert, endlich die Krankheit zu kennen.
Nur leider kamen die Schmerzen mit ihrer bekannten Wucht nach kurzer Zeit zurück und auch andere Therapien wie Aspirinspritzen usw. haben gar nicht geholfen. Ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich den letzten Arztbrief meines Neurologen lese. Der letzte Satz lautet: „Jetzt weiß ich leider auch nicht mehr weiter“!
Das ist schon sehr ernüchternd, so etwas von seinem Arzt lesen zu müssen. Es ging also weiter zu anderen Neurologen und Neurochirurgen, allerdings konnte mir keiner helfen.
Jetzt war guter Rat nicht nur teuer, sondern es gab ihn einfach nicht. Wie ich es von meiner beruflichen Tätigkeit im IT-Umfeld gewohnt bin, fing ich ein weiteres Mal an, selber zu recherchieren.
Ich bin dabei auf ein Video der Schmerzambulanz des UKE in Hamburg gestoßen. Es ging um seltene Kopfschmerzkrankheiten. Am Ende dieses spannenden Videos wurde eine Emailadresse eingeblendet, an die Betroffene schreiben konnten. Ich habe also eine Brandmail an das UKE geschrieben und zu meinem Erstaunen erhielt ich umgehend Antwort mit einem zeitnahen Terminvorschlag.
Dieser Termin war eigentlich sehr unspektakulär. Es gab ein ca. 1 1/2 stündiges Gespräch mit einer jungen Ärztin, aus dem Umfeld der Schmerzambulanz. Sie hat sehr gut zugehört und gezielte Fragen gestellt. Am Ende kam dann ihre Einschätzung / Diagnose heraus: Ich leide an einer sehr seltenen primär Kopfschmerzerkrankung mit dem Namen Hemicrania continua.
Ich war darüber sehr erstaunt und ehrlich gesagt auch etwas ungläubig. Konnte das stimmen?
Es gibt aber ein schon älteres Medikament Indometacin (Analgetikum aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika) und die Diagnosekriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft fordern eine Schmerzlinderung durch die Einnahme des Schmerzmittels Indometacin. Bei mir wirkt dieses Medikament, so dass ich jetzt davon ausgehe, wirklich an Hemicrania continua zu leiden.
Leider hat das Indometacin auch einige unschöne Nebenwirkungen, so dass ich es nur in größeren Dosen nehmen, wenn die Hemicrania continua mit einer Schmerzspitze zurückkommt. Ich habe jetzt immer noch lange Schmerzepisoden (meist mehrere Wochen/Monate), doch diese kann ich mit dem Medikament in den Griff bekommen.
Wenn diese Episode vorbei ist, kann ich meistens auf die Minute sagen, wann sie endete, da der Schmerz wie abgeschaltet endet. Leider kommt die nächste Schmerzepisode dann nach wenigen schmerzfreien Tagen.
Fazit: Ich habe gelernt, dass es oft auf einen selbst und auf die eigene Hartnäckigkeit ankommt. Man muss den Ärzten selbstbewusst als Partner gegenüber treten. Man muss aktiv sein und sich rühren.