Archiv hat geschrieben: Fr 23. Feb 2018, 18:15
Archiv hat geschrieben: Fr 23. Feb 2018, 18:14
Hallo zusammen!
Ich bin neu hier im Forum und finde eure Beiträge sehr hilfreich und unterstützend.
Auch in bin vor ca. 6 Jahren (unbekannterweise) an Clusterkopfschmerz erkrankt.
Vergewissheit, dass es sich tatsächlich um Cluster handelt, hatte ich erst im Juli 08.
Es fällt mir noch zunehmend schwer, diese Last anzunehmen und den Medikamenten zu "vertrauen". Momenttan befinde ich mich wieder in einer sehr schmerzhaften und intensive Phase. Doch verläuft es diesmal völlig untypisch, anders als ich es bisher kannte, was mich total verzweifeln lässt.
Bisher habe ich Cluster alle 6 bis 8 Monate für 4-6 Wochen bekommen mit höchster Intensität. Dachte, damit lässt es sich irgendwie schon leben.
Doch nun stellten sich die ersten Anzeichen und Attacken bereits im November 08 ein. Ich begann mit Kortison (über 12 Tage) und Verapamil (i.d.R. 4 Wochen/+) als Kurzzeittherapie. Tage später, nach dem Absetzen der Medikamente, kamen die Attacken wieder durch, so dass ich in Absprache mit meinem Arzt, wieder die Behandlung am 10.12.08 mit Kortison und Verapamil aufgenommen habe.
Das Kortison habe ich nach 12 Tage wieder schleichend abgesetzt, nehme jetzt nur noch das Verapamil, und wums, knallt es wieder

, seit letzten Dienstag, jede Nacht, jeden Morgen und auch tagsüber.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das Kortison die Attacken zwar stillt, aber die Attacken "nach hinten" verschoben werden. Das Verapamil scheint auch nicht wirklich anzuschlagen, so dass ich mich mit Sauerstoff und Asco Top von Attacke zu Attacke schleppe. Für mich völlig untypisch, da es sich schon seit November hinzieht und nicht wirklich Besserung in Sicht ist. Habt ihr ähnlich Erfahrungen gemacht?
Es raubt einen echt den letzten Nerv und beeinträchtigt ungemein den Lebensalltag. Es sind ja nicht nur die Schmerzen, nein, auch die Angst, die Angst vor dem Einschlafen, vor dem Aufwachen, Angst etwas zu unternehmen und wiederum der Unmut, dass man solche Ängste mit sich trägt.
Wie gut schafft ihr es den Alltag mit Cluster zu bewältigen? Bekommt ihr Verständnis?
Es fällt mir noch schwer, die Krankheit anzuerkennen und damit auch leben zu lernen.
Es sind nicht zuletzt die eigenen Ansprüche, die einem selbst im Wege stehen, "lockerer" mit sich und der Umwelt umzugehen. Doch wie schafft man "Lockerheit" im Umgang mit Cluster????
Nicht nur die Schmerzen, auch die Nebenwirkungen der Medikamente beeinflussen und beeinträchtigen den Lebensalltag immens. Ich fühle mich meist in eine andere Welt versetzt, in eine Welt der Trägheit, Benommenheit und Schein-Isolation.
Ergeht / Erging euch das ähnlich?
Zudem bleibt auch vieles auf der Strecke. Neben den Schmerzen und den Phasen der "Besinnung", läuft alles andere nebenher, was erledigt und aufgearbeitet werden muss....Man bewegt sich in einer Spirale von Schmerzen, Medikamenten, Pflichten und Rückgezogenheit, bis die "Dauerschmerzattackenphase" endlich vorüber geht, wenn sie dann auch geht.......
Was mich auch noch beschäftigt ist die Frage, wie man Cluster den Angehörigen begreiflicher und verständlicher macht?
Erfahrungsgemäß behaupte ich, dass keiner, der Cluster je erlebt bzw. miterlebt hat, sich vorstellen könnte, welche Dimensionen diese Krankheit einnehmen kann.
Leider geben allein die Tatsachen, dass Cluster den Kopfschmerzen zugeordnet und unzureichend publiziert wird und dass sich das Erscheinungsbild der Betroffenen allgemein nicht verändert (eigentlich auch Glück!), einigen! Mitmenschen den Anlass, zu glauben, so schlimm kann es ja nicht sein.
Die Erwartungshaltung ändert sich nicht oder kaum, so dass man sich einem Druck ausgesetzt fühlt, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Es ist schwer, einzugestehen und auch zu vermitteln, dass man nicht mehr wie "früher" kann und die anderen einen dennoch als vollwertigen Menschen ansehen.
Ich hoffe, euch nicht zu sehr mit meiner Gedankenwelt gelangweilt zu haben, da vieles davon sicherlich schon erwähnt wurde.
Über Antworten würde ich mich sehr freuen.
Bis dahin wünsche ich euch allen eine "teufelsfreie" und entspannte Zeit.
schöne Grüße
Steffi
Ich finde den Beitrag toll und finde es, auch wie die andere, toll geschrieben.
In meinen Augen bringt alles die Zeit mit sich, das man lernt damit umzugehen und ein bisschen besser mit dem Cluster zuleben. Ihn zu akzeptieren usw.
Und auch in jungen Jahren kann man noch ein Leben führen und etwas unternehmen trotz Cluster. Ich mache gerade selber die Ehrfahrungen. Genau wie Claudia geschrieben hat, falle auch ich immer wieder in ein Loch, aber man kann auch dort wieder herraus kommen und versuchen etwas zugenießen und etwas zu tun.
Ich denke man sollte auch einfach nur versuchen sich nicht zu sehr hängen zu lassen und ein bisschen das Beste daraus zu machen. ich weiß das ich hier vilt viel verlange und der ein oder andere evtl denk "Was labert die da?!"...Aber das sind meine Erfahrungen...
Mir geht es momentan selber wieder nicht gut, ich habe viele Attacke, sehr intensiv und nichts schlägt an...Aber trotzdem versuche ich mich über Wasser zu halten in dem ich ab und zu mal raus gehe, mal mich in eine Bar setze etc...Ich bin selber 17 und ich möchte schließlich troz Cluster etwas von der Welt sehen....bis ich so denken konnte, war es ein weiter Weg und meiner Meinung nach braucht all das Zeit...wieviel ist wohl von Mensch zu Mensch unterschiedlich.
LG und SfZ, Katharina
Ich habe Cluster seit ca. 15 Jahren. Schon nach ca. 2 Jahren chronisch. Ich wusste erst nach 9 Jahren, dass ich keine Migräne mit atypischen Symptomen habe, sondern eben Cluster.
"Ich hab ja auch ab und zu Migräne, aber nie stark wie Du", meinten jene Frauen aus meinem Bekanntenkreis, die mich in Beruf und Alltag erlebten.
Ich fange an zu zittern, je nach Attackenstärke, schwächer oder stärker bis hin zum Zucken. Ist angeboren, habe als Kind schon den Tremor bekommen, wenn ich starke Schmerzen hatte.
Das hat es etwas leichter gemacht. Ausser kreideweiss, zittere ich und entweder friere ich oder ich hab halt ne Attacke. Bei Zittern muss es stark sein.
Bei ganz starken, macht es mir den Hals zu. Ich kriege zuwenig Luft und meine Auge tränt selten, dafür läuft das Nasenwasser in die Kehle. In die falsche. Ich huste reflexartig, um den Hals freizukriegen und schnappe nach Luft.
Ich meide öffentliche Verkehrsmittel. Ich bin zu oft im Notfall gelandet. Die Leute denken, ich habe Asthma oder ich sterbe gleich.
Das persönliche Umfeld hat zwar schnell akzeptiert, dass es mir ziemlich mies geht.
Wer es nicht akzeptiert hat, dem konnte ich es auch nicht beibringen. Die Leute wollen oder sie wollen nicht.
Sie wollen oft einfach nicht sehen, dass jemand leidet.
Solche Dinge muss man einfach akzeptieren.
Denen, den ich das genauer erklären muss, was denn da passiert, erkläre ich es in Bildern.
Frauen, vorzugsweise Müttern sage ich, der Schmerz ist so heftig, dass meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht und zwar genauso, wie ein ewig an einem hängendes schreiendes Kind. Man kann sich ihm im Moment, wo es losgeht und manchmal auch länger nicht entziehen.
Anderen, dass der Schmerz ein unsichtbarer Angreifer ist, den ich nicht immer einfach ignorieren kann.
Und ganz wichtig, dass das Meiste, dass in diesem "Schmerzschock" passiert, Reflexe sind, die man nicht willentlich kontrollieren kann.
Es fühlt sich so an, als sei man wirklich gerade schwer verletzt worden. Und das im Gesicht. Und ein Teil in uns drin, der "Urmensch" der Ueberlebenstrieb, der übernimmt die Kontrolle und zwar ohne Rücksicht auf Gefühle und Bedürfnisse anderer.
Das macht hilflos, das frustriert. Und erwacht man mit einer Attacke oder hat man eine starke, dann ist da immer noch irgendwo die Angst, ja die Panik.
Würden wir solch starke Schmerzen haben, weil wir wirklich im Gesicht verletzt wurden, z.B. mit Säure, dann hätten wir diese Angst auch.
Für mich begann die Panik 2001. Irgendwann hatte ich Imigran sc. verschrieben bekommen und war gewohnt, den Schmerz im Griff zu haben. Ich wusste, es geht spätestens nach einer Viertelstunde vorbei. Oder Schlimmste ist vorbei.
Dann bekam ich aus Kostengründen auf einem Tag auf den anderen kein Imigran mehr.
3 Tage und lange Nächte lag ich wach bzw. krümmte mich, tigerte umher und wenn ich kurz einnickte, kam es umso heftiger. Bis ich die Angst nicht aushielt und in den Nachbarkanton (im Heimaton weigerte man sich, mich in der Klinik aufzunehmen, weil ein Arzt das Gerücht gestreut hatte, ich sei Imigransüchtig)
Da konnte man mich zwar nur für eine Nacht aufnehmen, aber es nahm mich mal jemand ernst.
Es folgte eine 4wöchige absolute Imigrankarenz stationär mit wenig Schlaf und viel pseudopsychologischem Gequatsche, die nichts brachte, ausser dass ich mich daran gewöhnte, dass mich die Schmerzen nicht umbringen würden.
Es folgten zwei Jahre Ruhe mit genügend Imigran und dann 3 Jahre mit eingeschränkter Tagesdosis.
Meine Anwältin fragte oft, "Wie machen Sie das?" Wenn man drin ist, macht man einfach. Statt zu verzweifeln, statt zu hinterfragen warum, habe ich akzeptiert was ich habe. Habe mich damit arrangiert, habe es beobachtet, quasi ausserhalb von mir.
Habe das Recht auf juristischem Weg eingefordert (das Imigran wird wieder vollumfänglich bezahlt) einen Spezialisten im Ausland gesucht, sogar einen Lebenspartner habe ich der Zeit übers Internet gefunden.
Je besser ich damit umging, desto besser kam mein Umfeld damit klar. Mit Ausnahmen natürlich. Aber ich wurde grenzenlos rücksichtslos. Langjährige Freundschaften gingen zu Bruch, was blieb u.a. Familie das hält.
Egal was ich vom Leben dachte, was ich geplant hatte, welche Vorstellungen ich hatte, ich habe es abgelegt wie durchgelaufene Schuhe. Die Krankheit ist kein Freund, sie ist ein Feind, aber sie lässt sich nicht dadurch bekämpfen, dass ich irgendetwas mache.
Da gibts nur, Therapien und für die Spezialisten. Und wenn etwas nicht wirkt, das Nächste und solange nichts die Attacken verhindert, werden sie akut behandelt.
Dass ich dazu wahrscheinlich (seit 2004 habe ich noch CPH) ein Leben lang Medis nehmen muss, muss ich in Kauf nehmen. Medikamentenfreiheit ist kein Wert an sich.
Schmerzfreiheit auch wenn nur zeitweise schon.
Lebensqualität auch.
Ich geniesse andere Dinge intensiver. Wenn mal kein Schmerz da ist, denke ich nicht an Kalorien, wenn ich Süssigkeiten verdrücke. Ich geniesse sie.
Ich geniesse auch andere sinnliche Genüsse und wenn der Schmerz nicht ganz weg geht, sitze ich nicht mit schlechtem Gewissen vor dem Fernseher, sondern schau mir halt mit Genuss diese Frauenserien (wie Grey‘s Anatomie) an.
Was ich nicht ändern kann, daran will ich nicht verzweifeln. Denn das Verzweifeln ändert es auch nicht. Ich will trotzdem leben und so gut es eben noch im Vergleich zu früher geht.
Ich habe Steine in die Aare und die Emme geworfen. Einen für jedes Ding, für jeden Traum, für jede Tätigkeit, der ich nicht mehr nachgehen kann.
Dafür schreibe ich im Internet. Ich lese Sachbücher, ich mache schönen Schmuck und
habe nette und interessante Leute übers Internet kennengelernt. Leute, die wie ich
seit Jahren mit dieser Krankheit leben.
Es ist wie ins Wasser geworfen werden und mit Krämpfen schwimmen lernen zu müssen. Irgendwann schenkt man der Krankheit noch 3 Minuten, wenn die Attacke ausbricht und geht dann zur Tagesordnung über. Und wenn gar nichts mehr geht, dann setzt man sich halt hin und lässt sich unterhalten oder ablenken.
Es ist eine Frage der Entscheidung.
Je früher man sie fällt, umso besser.
Und willkommen im Club
brigitte obrist