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Clusterkopfschmerz-Patienten als fette, versoffene Raucher verunglimpft?

Verfasst: So 8. Jul 2018, 17:43
von Admin
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Liebe Freunde,

in der jüngsten Ausgabe der Cephalalgia finde ich einen Artikel einer dänischen Arbeitsgruppe, die sich mit dem Zusammenhang von Lebensweise und Clusterkopfschmerz beschäftigt. Über diesen unerträglichen und diskriminierenden Artikel wollte ich eigentlich nicht berichten, aber ich bin mehrfach darum gebeten worden. Diesen Bitten komme ich hiermit nach.

Die dänische Arbeitsgruppe hat 400 CKS-Patienten mit 200 gesunden Kontrollpersonen verglichen.

Dabei wurde gefunden, daß die CKS-Patienten einen „ungesünderen Lebensstil" hatten als die Kontrollgruppe.

So waren 48% Raucher im Vergleich zur Kontrollgruppe mit 9% Raucher. Der wöchentliche Alkoholkonsum betrug 98 g bei den CKS-Patienten, während er bei der Kontrollgruppe nur 78 g betrug. Auch der Bodymassindex war bei den CKS-Patienten mit 26,1 zu 24,2 höher.

Der Kaffeekonsum und Konsum von Energiedrink war in beiden Gruppen gleich.

Die Autoren erklären es sei dringend notwendig, die CKS-Patienten auf die Schädlichkeit ihres Lebenswandels hinzuweisen.

Das kann man nun wirklich nicht unkommentiert stehen lassen:

Ich könnte jetzt sagen, daß ich diese Schlußfolgerungen aus dem Artikel als unsachlich, undurchdacht und nicht hilfreich zurückweisen würde.

Ich könnte jetzt diesen Artikel ganz ruhig und sachlich auseinandernehmen, weil er einfach eine schlechte, methodisch fehlerhafte Arbeit darstellt, die in nicht belegter und nicht nachvollziehbarer Weise Schlüsse zieht, die völlig unwissenschaftlich, höchst fragwürdig sind und an Dilettantismus grenzen.

Die Fakten sind:
In Deutschland beträgt der durchschnittliche Alkoholkonsum 182 g in der Woche. Das ist nun das mehr als das Doppelte, was die gesunden dänischen Kontrollen zu sich nehmen. Trotzdem haben nicht alle Deutschen CKS.

Der durchschnittliche Bodymassindex in Deutschland liegt bei 25,7 , liegt also auch deutlich höher als die gesunden dänischen Kontrollen (bei Männern liegt der BMI bei 26,3, also sogar noch höher als der Wert der dänischen CKS-Patienten). Trotzdem haben nicht alle Deutschen CKS.

Und natürlich darf das leidige Thema Rauchen nicht fehlen. Im Vergleich zu den dänischen Kontrollen (9%) rauchen in Deutschland durchschnittlich 29%, in Griechenland beispielsweise sind es sogar 43%, in Russland 40%, in Polen 36% trotzdem haben nicht alle Griechen, Russen oder Polen CKS.

Da werden also recht mühsam Zusammenhänge konstruiert, wo keine sind.

Aber: da ich aber bekanntermaßen aus meinem Herzen keine Mördergrube mache und ich mich über einen derartigen Bullshit (und das kann ich noch ganz (!) anders ausdrücken) ärgere, möchte ich dieser Verärgerung auch deutlich Luft machen.

Diese Veröffentlichung ist eine Frechheit, eine Dummheit und ein Schlag ins Gesicht der CKS-Patienten. Sie konterkariert alle unsere langjährige mühevolle Arbeit, Schulungen und Aufklärungsversuche.

Die Autoren erwecken in dilettantischer Weise mit dieser windigen Statistik, den Eindruck, die CKS- Patienten seien für ihre Krankheit selbst verantwortlich – hier trifft der Satz „trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“ vollständig zu.

Dieses unsägliche Papier wirkt diskriminierend und stellt zudem eine schwere Belastung für das Vertrauensverhältnis von CKS-Patienten und den Medizinern dar.

Es ist doch nun hinreichend bekannt, daß (überall in Europa) eine massive Verzögerung bis zur korrekten Erstdiagnose festzustellen ist.

Da kann es bis zu acht Jahre dauern, bis ein Patient die Diagnose CKS bekommt – in der Zeit wird er falsch behandelt, muß unsägliche Schmerzen leiden, die Karriere, das Familienleben wird belastet, das ganze Leben kann zerstört werden – und dann kriegt dieser Patient gesagt, er soll aufhören zu rauchen, weniger essen und weniger trinken.

Und so soll dann ein vertrauensvolles Verhältnis von Mediziner zu Patient aufgebaut werden?

Gaaaanz toll.

Ich fragte mich wirklich, wie der Planet heißt, auf dem diese Autoren leben.

Ich selbst habe es schon erlebt, daß mir ein Mediziner mal gesagt hat „wenn Sie Sauerstoff brauchen, dann gehen Sie doch in den Wald“. Derartig negative Haltungen und Dummheiten werden von solcherlei diskriminierenden und dilettantischen Veröffentlichungen, wie es dieses dänische Papier darstellt, geradezu provoziert.

Mehr als traurig und ärgerlich empfinde ich es, wenn so ein dilettantischer Unfug in einer Zeitschrift wie der Cephalalgia abgedruckt wird. Ich sehe hier – wieder mal – einen Fall, bei dem die vielzitierte „Selbstkontrolle“ nicht funktioniert und versagt.

Auch wieder mal zum Nachteil von CKS-Patienten!

Ich werde mich beim Herausgeber der Cephalalgia beschweren.

Ich glaube nicht, daß es was nützt, aber ich mache das trotzdem.

Gruß und schmerzfreie Zeit

Harald

Re: Clusterkopfschmerz-Patienten als fette, versoffene Raucher verunglimpft?

Verfasst: So 8. Jul 2018, 20:09
von mimik1970
Lieber Harald ,
Fahr hin hau denen aufs Maul....
Gruß Micha😉😉

Re: Clusterkopfschmerz-Patienten als fette, versoffene Raucher verunglimpft?

Verfasst: So 8. Jul 2018, 20:30
von Andrea Sommer
Lieber Harald,
Egal bei was .... bin dabei vor allem als Frau und Chronischen CK ....
Der Typ sollte einmal in seinem Leben 1 Stunde von unseren Schmerzen haben , dann , aber erst dann können wir uns unterhalten .

Lg aus dem Allgäu

Re: Clusterkopfschmerz-Patienten als fette, versoffene Raucher verunglimpft?

Verfasst: So 8. Jul 2018, 21:01
von Wolkenblick
Lieber Harald,

erbärmlich, so ein Artikel. Das regt mich gerade richtig auf. Ich habe mein ganzes Leben nicht geraucht (die 20 Jahre passiv rauchen ab Geburt gehen nicht auf meine Kappe) und trinke keinen Alkohol. Früher wenn’s hoch kam zwei Bier im Jahr. Ich war immer schlank, BMI knapp unter 20, habe mich bis heute abwechslungsreich und gesund ernährt und für reichlich Bewegung und Entspannung gesorgt. Sauerstoff tanken in der Natur inklusive! Trotzdem habe ich seit 35 Jahren episodischen CK. Wie soll das denn bitte mit dieser Logik zu reimen sein? Fast ebenso lange habe ich mir bis zur Diagnose jede Menge Stuss anhören müssen. Und manchmal noch.

Mal ganz abgesehen von der Kränkung aller Betroffener: Dieser Artikel eignet sich nicht nur dazu, CK-Patienten zu verunglimpfen, sondern auch dazu, CK-Diagnosen zu verhindern oder wieder infrage zu stellen. Als Frau hat man Migräne zu haben; schließlich ist CK in vielen Köpfen immer noch ein Männer-Ding. Ein folgenschweres Vorurteil, wie ich erfahren musste. Was, wenn sich die durch diese Veröffentlichung genährten Vorurteile festsetzen? Darf man dann noch mehr um seine Diagnose kämpfen, nur weil ein gesunder Lebenswandel so gar nicht ins Bild passt? Und muss man sich, im anderen Fall, wirklich Vorwürfe gefallen lassen?

Ich gönne übrigens jedem sein Bierchen usw, egal ob Clusterkopf oder gesund. Der Verzicht darauf hat jedenfalls weder meinen CK noch andere Erkrankungen verhindern können.

Schöne Grüße
Wolkenblick