Hallo bin auch neu hier,
Verfasst: Do 11. Jan 2018, 17:14
von Archiv
sicher habt ihr diese Floskel schon öfter gehört. Ich bzw. wir leben, was zumindest die Erkenntnisse über CLusterkopfschmerz betrifft, im Entwicklungsland Österreich. Dieser mörderische Schmerz betrifft auch nicht mich persönlich sondern meinen Mann, obwohl mir sicher manch einer eurer Partner Recht geben wird, dass auch einiges dazugehört an der Seite eines unter Clusterkopfschmerz Leidenden zu leben. Die Krankheitsgeschichte meines Mannes begann 1985 damals war er 25 und trank manchmal gerne ein Glas Bier, was, wie wir heute wissen, eine absolute Todsünde war. Er bekam darauf rasende Kopfschmerzen, die tagelang nicht in den Griff zu bekommen waren. Das gleiche passierte wenn er Schokolade oder Maggi-Suppe gegessen hatte. Natürlich führten wir das damals noch nicht auf CH zurück. In den darauffolgenden Jahren traten die Kopfschmerzen in immer kürzeren Abständen auf und nahmen an Intensität zu. Selbst die Umstellung unserer Ernährung (die ganze Familie machte mit) brachte nicht den gewünschten Erfolg. Zu dieser Zeit nahm mein Mann bis zu 11 starke Mischpulver aus der Apotheke, weiss der Teufel was in diesen Päckchen war. Unser Hausarzt diagnostizierte zum einen, dass er wohl eine psychosomatische Erkrankung hatte (sprich erbildet sich alles nur ein)und zum anderen, dass er wohl zur Hypochondrie neige. Zahlreiche Arztbesuche bei Internisten, Neurologen und Chirurgen brachten keine Ergebnisse. Die Aussagen die mir noch im Gedächtnis geblieben sind waren: "Wir könnten doch den Nerv hinten im Genick operativ durchtrennen von wo der Schmerz ausgeht" oder "ich kann Ihnen leider nicht sagen was Sie haben oder wie es zu behandeln ist, Sie müssen halt lernen mit dem Schmerz zu leben." Ein Internist meinte auch, dass man den Nerv im Magen durchtrennen könnte, damit die Supstanzen, welche doch in Form von Nahrung in den Körper gelangen, keine Auslöser mehr darstellen können. Unser Vertrauen in die Medizin war gleich null. Es konnte keine Erkrankunge festgestellt werden. Mehrere Computertomographien belegten eindeutig, dass in seinem Kopf nicht der vermutete Tumor wucherte. Man war ratlos, sogar im AKH, leitete aber immerhin sofort einen ambulanten Medikamentenentzug ein. Die Schmerzen schienen dann für kurze Zeit erträglicher zu werden. Also, Godbye Mischpulver und Hallo Thomaphyrin. Für kurze Zeit brachte Sandomigran gute Erfolge, es wurde jedoch bald darauf vom Markt genommen. Es folgten Jahre der durchwachten Nächte, er mit Schmerzen, ich immer in der Sorge, dass er, wie er manchmal meinte, vom 6. Stock runterspringen würde. Ich weiss, dass er ein armer Kerl ist, aber meine Nerven lagen blank, ich hatte einen depressiven, schmerzgeplagten Mann ohne Job und zwei kleine Kinder - und fast keinen Schlaf. Ich verschaffte mir einen Internetzugang und verbrachte die Nächte mit lesen, alles was es auf dem Sektor Kopfschmerz zu lesen gab. Bestellte homöopathische Mittel, suchte Ärzte und Diagnosen. 1999 - ein glorreiches Jahr - wir beschlossen den Arzt zu wechseln. Keine Ahnung warum. Der jedenfalls schickte ihn wieder alle Untersuchungen machen, unter anderem auch zu einem Allergietest. Heraus stellte sich, dass er eine sogenannte Histaminintoleranz zusätzlich zum Kopfschmerz hat, was bedeutet, dass er auf gewisse Lebensmittel allergisch reagiert, auch das kann Kopfschmerzen auslösen. Dann gab er uns die Adresse eines Neurologen, erst neu nach Wien von Oberösterreich übersiedelt aber es sollte ein Spitzenarzt sein. Er diagnostizierte erstmals Clusterkopfschmerz und verordnete Immigran in Tablettenform, nach endlosen Streits mit der Krankenkasse um die Bewilligung konnte er diese Tabletten nehmen, sie brachten jedoch nicht den gewünschten Erfolg. Bei meinem Mann treten die Schmerzattacken so abruppt auf (deshalb konnte er auch seinen Job als Kraftfahrer nicht mehr ausüben), dass es ihm zu lange für ihn dauerte, bis Immigran zu wirken begann. In der Zwischenzeit hatte er schon wieder mehrere Thomaphyrin eingenommen. Mein Studium der diversen Selbsthilfegruppen für CH brachte unterdessen einen Erfolg. Ich fand eine Seite wo der Wirkstoff Verapamil als Heilmittel gepriesen wurde. Ich schlug das unseren Neurologen vor und siehe da er verordnete Isoptin retard 120mg zweimal täglich. Auch wir können berichten, dass nach der vielleicht zweiten oder dritten Einnahme die unerträglichen Attacken aufhörten. Zusätzlich bekam er Saroten 25mg verordnet. Diese Tabletten sind abends einzunehmen und lösen die Verspannungen im Nackenbereich (jeder kennt sicher das Gefühl wenn man in Erwartung auf den Schmerz den Kopf einzieht - bei meinem Mann war das ein Dauerzustand). Ausserdem schläft man innerhalb von einer halben Stunde wie ein Toter (habe das in einem Selbstversuch getestet). Leider mussten wir jedoch feststellen, dass Isoptin kein Heilmittel ist, sondern den Tiger CH nur einschläfert. Immerhin sind die Attacken damit auf drei bis vier im Jahr reduziert und in der restlichen Zeit hat er jeden Tag nur sogenannte "leichte" Kopfschmerzen, wie er es nennt. Die Attacken bekämpfen wir mit Aprednisolon (Kortison) als Stosstherapie, was Anfangs noch gut funktionierte, bei der letzten Attacke jedoch musste er nach der Stosstherapie noch Lithium einnehmen, weil das Kortison nicht mehr anschlug. Zusätzlich muss er noch täglich Antihistamin einnehmen und im Anfall Immigran Spray. Zurzeit kämpfen auch wir um Annerkennung eines GdB. Voriges Jahr waren wir dort und er bekam 40%. Dieses Jahr war er wieder dort, weil das Kortison eine Osteoporose verursacht hat und sie gaben ihm für CH nur noch 30% und 10% für die Osteoporose. Natürlich hab ich Einspruch erhoben. Morgen ist der nächste Termin zur Untersuchung. Ein neuer Tag, ein neuer Kampf, doch die Angst vor dem nächsten Cluster bleibt. Mal sehen was herauskommt. Ich halte euch auf dem Laufenden. Vielleicht könnt ihr mit unseren Einschätzungen auch etwas bei euch bewirken. Gruss aus Wien und auch für euch erträgliche schmerzarme Tage
Re: Hallo bin auch neu hier,
Verfasst: Do 11. Jan 2018, 17:14
von Archiv
Archiv hat geschrieben: ↑Do 11. Jan 2018, 17:14
sicher habt ihr diese Floskel schon öfter gehört. Ich bzw. wir leben, was zumindest die Erkenntnisse über CLusterkopfschmerz betrifft, im Entwicklungsland Österreich. Dieser mörderische Schmerz betrifft auch nicht mich persönlich sondern meinen Mann, obwohl mir sicher manch einer eurer Partner Recht geben wird, dass auch einiges dazugehört an der Seite eines unter Clusterkopfschmerz Leidenden zu leben. Die Krankheitsgeschichte meines Mannes begann 1985 damals war er 25 und trank manchmal gerne ein Glas Bier, was, wie wir heute wissen, eine absolute Todsünde war. Er bekam darauf rasende Kopfschmerzen, die tagelang nicht in den Griff zu bekommen waren. Das gleiche passierte wenn er Schokolade oder Maggi-Suppe gegessen hatte. Natürlich führten wir das damals noch nicht auf CH zurück. In den darauffolgenden Jahren traten die Kopfschmerzen in immer kürzeren Abständen auf und nahmen an Intensität zu. Selbst die Umstellung unserer Ernährung (die ganze Familie machte mit) brachte nicht den gewünschten Erfolg. Zu dieser Zeit nahm mein Mann bis zu 11 starke Mischpulver aus der Apotheke, weiss der Teufel was in diesen Päckchen war. Unser Hausarzt diagnostizierte zum einen, dass er wohl eine psychosomatische Erkrankung hatte (sprich erbildet sich alles nur ein)und zum anderen, dass er wohl zur Hypochondrie neige. Zahlreiche Arztbesuche bei Internisten, Neurologen und Chirurgen brachten keine Ergebnisse. Die Aussagen die mir noch im Gedächtnis geblieben sind waren: "Wir könnten doch den Nerv hinten im Genick operativ durchtrennen von wo der Schmerz ausgeht" oder "ich kann Ihnen leider nicht sagen was Sie haben oder wie es zu behandeln ist, Sie müssen halt lernen mit dem Schmerz zu leben." Ein Internist meinte auch, dass man den Nerv im Magen durchtrennen könnte, damit die Supstanzen, welche doch in Form von Nahrung in den Körper gelangen, keine Auslöser mehr darstellen können. Unser Vertrauen in die Medizin war gleich null. Es konnte keine Erkrankunge festgestellt werden. Mehrere Computertomographien belegten eindeutig, dass in seinem Kopf nicht der vermutete Tumor wucherte. Man war ratlos, sogar im AKH, leitete aber immerhin sofort einen ambulanten Medikamentenentzug ein. Die Schmerzen schienen dann für kurze Zeit erträglicher zu werden. Also, Godbye Mischpulver und Hallo Thomaphyrin. Für kurze Zeit brachte Sandomigran gute Erfolge, es wurde jedoch bald darauf vom Markt genommen. Es folgten Jahre der durchwachten Nächte, er mit Schmerzen, ich immer in der Sorge, dass er, wie er manchmal meinte, vom 6. Stock runterspringen würde. Ich weiss, dass er ein armer Kerl ist, aber meine Nerven lagen blank, ich hatte einen depressiven, schmerzgeplagten Mann ohne Job und zwei kleine Kinder - und fast keinen Schlaf. Ich verschaffte mir einen Internetzugang und verbrachte die Nächte mit lesen, alles was es auf dem Sektor Kopfschmerz zu lesen gab. Bestellte homöopathische Mittel, suchte Ärzte und Diagnosen. 1999 - ein glorreiches Jahr - wir beschlossen den Arzt zu wechseln. Keine Ahnung warum. Der jedenfalls schickte ihn wieder alle Untersuchungen machen, unter anderem auch zu einem Allergietest. Heraus stellte sich, dass er eine sogenannte Histaminintoleranz zusätzlich zum Kopfschmerz hat, was bedeutet, dass er auf gewisse Lebensmittel allergisch reagiert, auch das kann Kopfschmerzen auslösen. Dann gab er uns die Adresse eines Neurologen, erst neu nach Wien von Oberösterreich übersiedelt aber es sollte ein Spitzenarzt sein. Er diagnostizierte erstmals Clusterkopfschmerz und verordnete Immigran in Tablettenform, nach endlosen Streits mit der Krankenkasse um die Bewilligung konnte er diese Tabletten nehmen, sie brachten jedoch nicht den gewünschten Erfolg. Bei meinem Mann treten die Schmerzattacken so abruppt auf (deshalb konnte er auch seinen Job als Kraftfahrer nicht mehr ausüben), dass es ihm zu lange für ihn dauerte, bis Immigran zu wirken begann. In der Zwischenzeit hatte er schon wieder mehrere Thomaphyrin eingenommen. Mein Studium der diversen Selbsthilfegruppen für CH brachte unterdessen einen Erfolg. Ich fand eine Seite wo der Wirkstoff Verapamil als Heilmittel gepriesen wurde. Ich schlug das unseren Neurologen vor und siehe da er verordnete Isoptin retard 120mg zweimal täglich. Auch wir können berichten, dass nach der vielleicht zweiten oder dritten Einnahme die unerträglichen Attacken aufhörten. Zusätzlich bekam er Saroten 25mg verordnet. Diese Tabletten sind abends einzunehmen und lösen die Verspannungen im Nackenbereich (jeder kennt sicher das Gefühl wenn man in Erwartung auf den Schmerz den Kopf einzieht - bei meinem Mann war das ein Dauerzustand). Ausserdem schläft man innerhalb von einer halben Stunde wie ein Toter (habe das in einem Selbstversuch getestet). Leider mussten wir jedoch feststellen, dass Isoptin kein Heilmittel ist, sondern den Tiger CH nur einschläfert. Immerhin sind die Attacken damit auf drei bis vier im Jahr reduziert und in der restlichen Zeit hat er jeden Tag nur sogenannte "leichte" Kopfschmerzen, wie er es nennt. Die Attacken bekämpfen wir mit Aprednisolon (Kortison) als Stosstherapie, was Anfangs noch gut funktionierte, bei der letzten Attacke jedoch musste er nach der Stosstherapie noch Lithium einnehmen, weil das Kortison nicht mehr anschlug. Zusätzlich muss er noch täglich Antihistamin einnehmen und im Anfall Immigran Spray. Zurzeit kämpfen auch wir um Annerkennung eines GdB. Voriges Jahr waren wir dort und er bekam 40%. Dieses Jahr war er wieder dort, weil das Kortison eine Osteoporose verursacht hat und sie gaben ihm für CH nur noch 30% und 10% für die Osteoporose. Natürlich hab ich Einspruch erhoben. Morgen ist der nächste Termin zur Untersuchung. Ein neuer Tag, ein neuer Kampf, doch die Angst vor dem nächsten Cluster bleibt. Mal sehen was herauskommt. Ich halte euch auf dem Laufenden. Vielleicht könnt ihr mit unseren Einschätzungen auch etwas bei euch bewirken. Gruss aus Wien und auch für euch erträgliche schmerzarme Tage
Liebe Scarlet,
ich bin auch aus Ö, mein Mann ist auch "Clusterer" und ich schreib Dir jetzt gleich ein mail!
grüße, Felicitas
P.S.: Auch an Euch alle liebe Grüsse- Ulla, wo bist Du???