Archiv hat geschrieben: ↑Do 15. Mär 2018, 09:58
Archiv hat geschrieben: ↑Do 15. Mär 2018, 09:58
Hallo,
wie haltet ihr es mit Ablenkungen während einer Attacke? Ist das möglich? Ich habe bisher immer nicht das Gefühl, dass irgend etwas mich ablenken könnte. Hat sich vielleicht schon mal jemand unter die Dusche gestellt oder den Fernseher oder Musik angemacht oder ähnliches? Den Gedanken daran während einer Attacke empfinde ich zumeist als unangenehm, habe es aber auch noch nie ausprobiert, vielleicht ist man dann zumindest ein wenig abgelenkt?
Hallo Cut
Ich versuche es immer mit Ablenkung. Ich setze mich in Sessel und mach irgendwas im Fernsehen an, das geht aber nur am Anfang oder am Ende einer schweren Atacke. Im Höhepunkt der Atacke geht gar nichts. Bei leichteren hilft es mir auch. Habe auch schon am PC gespielt aber nur wenns leicht ist.
Gruß und sfZ Markus
Dass man sich in einer Attacke ablenken will, gehört zu einem Komplex von Reaktionen auf den Schmerz. Zuerst zieht der Schmerz gegen unseren freien Willen seine Aufmerksamkeit auf sich, dann versuchen wir diesem Schmerz zu "entfliehen" oder zu "entkommen". Äusserlich tun wir das, indem wir die Hand von der Herdplatte nehmen, innerlich bei Schmerzen wo wir uns nicht körperlich zurückziehen können, indem wir unsere Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken versuchen.
Dass der Schmerz unsere Aufmerksamkeit zu sich hin-und somit von etwas wegzieht, bedeutet, dass wir unseren "freien" Willen verlieren und sei es nur für einen kurzen Augenblick. Da Kontrolle aber auch lebenswichtig ist, streben wir genauso instinktiv diese Kontrolle wieder an, indem wir unsere Aufmerksamkeit wieder etwas zu widmen versuchen, dass wir gewählt haben.
Wer Attacken nicht zu Beginn kupiert oder kupieren kann, hat es etwas schwerer. Durch das kupieren hat man nämlich schon einen Teil der Kontrolle wieder. Man muss etwas tun, um zu kupieren und das erfordert ebenfalls Aufmerksamkeit. Wissen wir durch die Erfahrung, dass es funktioniert, kann man schneller wieder zum Alltag zurückkehren, auch wenn der Schmerz noch nicht ganz verschwunden ist.
Ist der Schmerz jedoch länger bleibend oder heftig, kehrt unsere Aufmerksamkeit immer wieder zu ihm zurück und zur Frage, wie werde ich ihn los, bzw. wie komme ich von ihm los.
Man kann sich ergeben und einfach abwarten. Dazu muss man aber alle Gefühle und Gedanken, die sich um die daraus resultierende Hilflosigkeit ergeben, ausschalten und quasi aufhören zu denken. Das nennt man dann Qual.
Früher als ich noch gezwungen war Attacken auszuhalten, habe ich meine Aufmerksamkeit auf meinen Körper und die Begleitsymptome gerichtet. Ich habe mich quasi von aussen beobachtet mit einer Art perversen Faszination und wertfrei. Somit habe ich seelisch nicht während einer Attacke gelitten. Mir blieb aber die Angst vor der nächsten. Drin sein, war so schräg sich das anhören mag, besser als darauf zu warten.
Heute fluche ich immer noch ungeniert, wenn eine heftige Attacke kommt, je nach Umgebung still in mich hinein oder laut hinaus. Aerger lässt sich auch schwer abstellen, aber gut kontrolliert ablassen.
Beim Fernsehen als Ablenkung empfehle ich Sendungen mit langen Sequenzen und ruhiger Kameraführung. Keine schnellen Schnitte, keine verwackelten Bilder, keine hektischen Szenen.
Bei Musik alles, was 4/4 Takt hat. Wirkt beruhigend auf die Gehirnströme. Also besser kein Techno.
brigitte obrist