Gewonnen
Verfasst: So 11. Mär 2018, 18:00
Hallo zusammen
Wie einige von Euch wahrscheinlich wissen, habe ich die letzten 2,5 Jahre mit der Schweizer Krankenkasse Provita über die Bezahlung des Imigran sc. zur Behandlung meines chronischen Clusterkopfschmerzes aus der Grundversicherung (gesetzl.Pflichtversicherung) zu bezahlen.
Ich kann nun voller Freude mitteilen, dass ich gewonnen habe. Allen (schweizerischen) Unkenrufen zum Trotz kann man auch juristisch gegen eine Krankenkasse vorgehen. Gerade kleine Kasssen haben oft genau wie Aemter nur wenig Ahnung vom Gesetz.
Und sie sitzen nicht einfach am längeren Hebel.
Schweizerisches und deutsches Heilmittelgesetz sind sich in Bezug auf den "off-label-use" sehr ähnlich, daher erlaube ich mir auch hier den Sachverhalt darzustellen.
Krankenkassen sind in der Grundversicherung nur verpflichtet jene Medikamente zu bezahlen, die der jeweilige Gesetzgeber festgelegt hat. (in der Schweiz ist das die Spezialitätenliste)
Bezahlt werden muss nur wenn das Medikament in der dafür zugelassenen "Indikation" verschrieben bzw. verwendet wird. Indikation heisst: zur Behandlung welcher Krankheit die betreffende Herstellerfirma das Medikament hat registrieren lassen. z.B. Tamiflu für Grippe, erweitert: Vogelgrippe.
Ebenfalls ist die Kasse nur verpflichtet bzw. darf nur jene Dosis bezahlen, die der Hersteller als max. Tagesdosis empfohlen hat.
Ebenfalls muss er nur jene Verabreichungsform bezahlen, welche für die Krankheit (die Krankheiten) zugelassen ist.
Es gibt manchmal neue Darreichungsformen z.B. Kapseln eines Wirkstoffes, der zwar schon registriert ist, aber bezahlen muss die Kasse erst, wenn die Darreichungsform "Kapseln" offiziell zugelassen ist.
Für Clusterkopfschmerz ist nur ein Medikament in Deutschland (in der Schweiz sind es zwei) zugelassen:
Imigran sc. Also die Spritzen bzw. die Injektionslösung. In einer max. Tagesdosis von 2 Amp. pro 24 Stunden.
Andere Verabreichungsformen von Imigran, wie zB. Tabletten sind nur für Migräne zugelassen.
Dasselbe gilt für andere Triptane.
Mit einer Attackenfrequenz von 8 -12 Attacken täglich und das jeden Tag, das ganze Jahr über sitze ich natürlich in der Tinte. Weder funtkioniert die Inhalation von Sauerstoff (macht das ganze nur noch schlimmer) noch irgendein Basispräparat von Verapamil bis Valproinsäure (Depakine) auch nicht in Kombination und Höchstdosen.
Lidocainapplikation akut triggert zusätzliche Attacken und ich habe Dank ausgezeichneter Betreuung von Dr. Jenzer (der leider die Praxis aufgeben hat), Dr. A. May und Dr. P.Sandor alle nur erdenklichen und experimentell möglichen Basistherapien (auch Lithium u. Topamax) vergeblich ausprobiert.
2mal habe ich unter stationärer Aufsicht Imigran sc. vollständig abgesetzt (1x 4Wochen, 1x 2Wochen) in der Hoffnung die Attackenfrequenz werde unter der Abstinenz zurückgehen.
Ich gelte als "vorläufig" therapieresistent. (Die Suche nach weiteren Therapiemethoden geht von Seiten der beiden oben erwähnten Aerzte weiter)
Mehr als 2.5 Jahre (von Okt. 03 bis Mitte April 06) hat man mir die Möglichkeit meine Attacken akut zu behandeln verweigert bzw. eingeschränkt. Ein Jahr lang mit 2 Amp. pro Tag, dann auf Weisung des eidg. Versicherungsgerichtes bis zum Ende der Verhandlung mit 4 Amp. pro Tag.
Im Oktober 04 entschied dann das eidg. Versicherungsgericht folgendes:
Chronischer Clusterkopfschmerz erfüllt die Kriterien einer langanhaltenden, unheilbaren schweren Krankheit und hat somit das Recht auf Behandlung im Rahmen der Ausnahmeregelung für "off-label use".
Da nur Imigran sc. für die Krankheit zugelassen ist wurde die Sache an die Krankenkasse zur Neubeurteilung für eine Kostengutsprache in Höhe der vom Arzt verordneten Dosen (und nicht der rechtlich limitierten Menge) zurückgewiesen. Mit der Auflage ein Administrativgutachten (Aktengutachten) in Auftrag zu geben, das den hohen therapeutischen Nutzen des Medikamentes trotz hoher Kosten als wirtschaftlich rechtfertigt.
Nach langem Hin-und Her und künstlichem Hinauszögern der Krankenkasse kam diese dann dieser Bundesgerichtlichen Weisung nach.
Ein 30-seitiges Gutachten, verfasst von Prof. Dr. med. M. Mumenthaler bestätigte den hohen therapeutischen Nutzen von Imigran sc. in meinem Fall.
Bei Cluster müsse jeweils jede einzelne Attacke behandelt werden, unabhängig von der täglich auftretenden Zahl, die ja sowieso variiert.
Daher sei es therapeutisch unsinnig eine ideale und fixe Tagesmaximaldosis festzulegen.
Ebenfalls nicht realisierbar sei die wörtliche Ueberwachung der Einnahme des Medikamentes durch einen Facharzt.(Was eine laufende Betreuung nicht ausschliesst).
Frau Obrist könne ja nicht bis zu 12 mal am Tag bzw. auch nachts jedesmal bei einer Attacke zu ihrem Facharzt gehen und da unter seiner Aufsicht das Medikament applizieren.
Da alle zur Zeit bekannten Basistherapien bei Fr. O. versagt hätten, bleibe nur noch die DBS (Tiefenhirnstimulation), die aber auch keine Garantie biete und sich zur Zeit noch im experimentellen Stadium befindet.
Bis eine prophylaktische wirksame Therapie gefunden werde, bleibe nur die Uebernahme der Kosten für eine unlimitierte ( von der Anzahl der Attacken abhängige) Dosen Imigran sc.
Zu erwähnen wäre vielleicht noch, dass ich das Zeug ausgezeichnet auch in Tagesdosen von 12 Ampullen vertrage.- zu meinem Glück -
Am Dienstag letzter Woche nun gab sich die Provita geschlagen und verfügte eine Kostengutsprache über eine unlimitierte (de forma max. 12 Amp. pro Tag) Menge Imigran sc.
Das hat sich nicht aus Menschenliebe oder Kulanz getan, sondern weil auch ihre "kleine" Rechtsabteilung gesagt hat, dass der "off-label use" mit diesem Gutachten in Rechtskraft getreten ist.
Für jene seltenen Fälle, die ebenfalls solch hohen oder ähnlich hohe Dosen an Imigran sc. benötigen besteht daher was die Schweiz betrifft das gesetzlich gesicherte Recht auf Vergütung durch die Grundversicherung und was Deutschland betrifft gute Chancen dieses Recht zu bekommen.
Sollte eine Krankenkasse auf Grund ungenügender Kenntnisse der Rechtslage also jemandem das Imigran verweigern, kann er sich an mich wenden. Sämtliche Unterlagen und Rechtschriften wie. z.B. Urteile stelle ich gerne zur Verfügung.
Juristisch geführt hat diesen Rechtstreit ohne Kosten für mich, der Schweizerische Invalidenverband, Procap. Mit sehr viel persönlichem Engagment der betreffenden Anwältin, wie ich gerne noch anfügen möchte.
Sich wehren lohnt sich. Und soviel Zeit und Schmerz wie ich investiert habe, braucht kein anderer mehr zu investieren.
schmerzfreie Zeiten
brigitte obrist
Anm. In der Schweiz ist Pizotifen für Cluster zugelassen. In Deutschland ist das Präparat nicht mehr erhältlich. Es soll laut Aussagen von Fachmedizinern auch nicht wirken.
Wie einige von Euch wahrscheinlich wissen, habe ich die letzten 2,5 Jahre mit der Schweizer Krankenkasse Provita über die Bezahlung des Imigran sc. zur Behandlung meines chronischen Clusterkopfschmerzes aus der Grundversicherung (gesetzl.Pflichtversicherung) zu bezahlen.
Ich kann nun voller Freude mitteilen, dass ich gewonnen habe. Allen (schweizerischen) Unkenrufen zum Trotz kann man auch juristisch gegen eine Krankenkasse vorgehen. Gerade kleine Kasssen haben oft genau wie Aemter nur wenig Ahnung vom Gesetz.
Und sie sitzen nicht einfach am längeren Hebel.
Schweizerisches und deutsches Heilmittelgesetz sind sich in Bezug auf den "off-label-use" sehr ähnlich, daher erlaube ich mir auch hier den Sachverhalt darzustellen.
Krankenkassen sind in der Grundversicherung nur verpflichtet jene Medikamente zu bezahlen, die der jeweilige Gesetzgeber festgelegt hat. (in der Schweiz ist das die Spezialitätenliste)
Bezahlt werden muss nur wenn das Medikament in der dafür zugelassenen "Indikation" verschrieben bzw. verwendet wird. Indikation heisst: zur Behandlung welcher Krankheit die betreffende Herstellerfirma das Medikament hat registrieren lassen. z.B. Tamiflu für Grippe, erweitert: Vogelgrippe.
Ebenfalls ist die Kasse nur verpflichtet bzw. darf nur jene Dosis bezahlen, die der Hersteller als max. Tagesdosis empfohlen hat.
Ebenfalls muss er nur jene Verabreichungsform bezahlen, welche für die Krankheit (die Krankheiten) zugelassen ist.
Es gibt manchmal neue Darreichungsformen z.B. Kapseln eines Wirkstoffes, der zwar schon registriert ist, aber bezahlen muss die Kasse erst, wenn die Darreichungsform "Kapseln" offiziell zugelassen ist.
Für Clusterkopfschmerz ist nur ein Medikament in Deutschland (in der Schweiz sind es zwei) zugelassen:
Imigran sc. Also die Spritzen bzw. die Injektionslösung. In einer max. Tagesdosis von 2 Amp. pro 24 Stunden.
Andere Verabreichungsformen von Imigran, wie zB. Tabletten sind nur für Migräne zugelassen.
Dasselbe gilt für andere Triptane.
Mit einer Attackenfrequenz von 8 -12 Attacken täglich und das jeden Tag, das ganze Jahr über sitze ich natürlich in der Tinte. Weder funtkioniert die Inhalation von Sauerstoff (macht das ganze nur noch schlimmer) noch irgendein Basispräparat von Verapamil bis Valproinsäure (Depakine) auch nicht in Kombination und Höchstdosen.
Lidocainapplikation akut triggert zusätzliche Attacken und ich habe Dank ausgezeichneter Betreuung von Dr. Jenzer (der leider die Praxis aufgeben hat), Dr. A. May und Dr. P.Sandor alle nur erdenklichen und experimentell möglichen Basistherapien (auch Lithium u. Topamax) vergeblich ausprobiert.
2mal habe ich unter stationärer Aufsicht Imigran sc. vollständig abgesetzt (1x 4Wochen, 1x 2Wochen) in der Hoffnung die Attackenfrequenz werde unter der Abstinenz zurückgehen.
Ich gelte als "vorläufig" therapieresistent. (Die Suche nach weiteren Therapiemethoden geht von Seiten der beiden oben erwähnten Aerzte weiter)
Mehr als 2.5 Jahre (von Okt. 03 bis Mitte April 06) hat man mir die Möglichkeit meine Attacken akut zu behandeln verweigert bzw. eingeschränkt. Ein Jahr lang mit 2 Amp. pro Tag, dann auf Weisung des eidg. Versicherungsgerichtes bis zum Ende der Verhandlung mit 4 Amp. pro Tag.
Im Oktober 04 entschied dann das eidg. Versicherungsgericht folgendes:
Chronischer Clusterkopfschmerz erfüllt die Kriterien einer langanhaltenden, unheilbaren schweren Krankheit und hat somit das Recht auf Behandlung im Rahmen der Ausnahmeregelung für "off-label use".
Da nur Imigran sc. für die Krankheit zugelassen ist wurde die Sache an die Krankenkasse zur Neubeurteilung für eine Kostengutsprache in Höhe der vom Arzt verordneten Dosen (und nicht der rechtlich limitierten Menge) zurückgewiesen. Mit der Auflage ein Administrativgutachten (Aktengutachten) in Auftrag zu geben, das den hohen therapeutischen Nutzen des Medikamentes trotz hoher Kosten als wirtschaftlich rechtfertigt.
Nach langem Hin-und Her und künstlichem Hinauszögern der Krankenkasse kam diese dann dieser Bundesgerichtlichen Weisung nach.
Ein 30-seitiges Gutachten, verfasst von Prof. Dr. med. M. Mumenthaler bestätigte den hohen therapeutischen Nutzen von Imigran sc. in meinem Fall.
Bei Cluster müsse jeweils jede einzelne Attacke behandelt werden, unabhängig von der täglich auftretenden Zahl, die ja sowieso variiert.
Daher sei es therapeutisch unsinnig eine ideale und fixe Tagesmaximaldosis festzulegen.
Ebenfalls nicht realisierbar sei die wörtliche Ueberwachung der Einnahme des Medikamentes durch einen Facharzt.(Was eine laufende Betreuung nicht ausschliesst).
Frau Obrist könne ja nicht bis zu 12 mal am Tag bzw. auch nachts jedesmal bei einer Attacke zu ihrem Facharzt gehen und da unter seiner Aufsicht das Medikament applizieren.
Da alle zur Zeit bekannten Basistherapien bei Fr. O. versagt hätten, bleibe nur noch die DBS (Tiefenhirnstimulation), die aber auch keine Garantie biete und sich zur Zeit noch im experimentellen Stadium befindet.
Bis eine prophylaktische wirksame Therapie gefunden werde, bleibe nur die Uebernahme der Kosten für eine unlimitierte ( von der Anzahl der Attacken abhängige) Dosen Imigran sc.
Zu erwähnen wäre vielleicht noch, dass ich das Zeug ausgezeichnet auch in Tagesdosen von 12 Ampullen vertrage.- zu meinem Glück -
Am Dienstag letzter Woche nun gab sich die Provita geschlagen und verfügte eine Kostengutsprache über eine unlimitierte (de forma max. 12 Amp. pro Tag) Menge Imigran sc.
Das hat sich nicht aus Menschenliebe oder Kulanz getan, sondern weil auch ihre "kleine" Rechtsabteilung gesagt hat, dass der "off-label use" mit diesem Gutachten in Rechtskraft getreten ist.
Für jene seltenen Fälle, die ebenfalls solch hohen oder ähnlich hohe Dosen an Imigran sc. benötigen besteht daher was die Schweiz betrifft das gesetzlich gesicherte Recht auf Vergütung durch die Grundversicherung und was Deutschland betrifft gute Chancen dieses Recht zu bekommen.
Sollte eine Krankenkasse auf Grund ungenügender Kenntnisse der Rechtslage also jemandem das Imigran verweigern, kann er sich an mich wenden. Sämtliche Unterlagen und Rechtschriften wie. z.B. Urteile stelle ich gerne zur Verfügung.
Juristisch geführt hat diesen Rechtstreit ohne Kosten für mich, der Schweizerische Invalidenverband, Procap. Mit sehr viel persönlichem Engagment der betreffenden Anwältin, wie ich gerne noch anfügen möchte.
Sich wehren lohnt sich. Und soviel Zeit und Schmerz wie ich investiert habe, braucht kein anderer mehr zu investieren.
schmerzfreie Zeiten
brigitte obrist
Anm. In der Schweiz ist Pizotifen für Cluster zugelassen. In Deutschland ist das Präparat nicht mehr erhältlich. Es soll laut Aussagen von Fachmedizinern auch nicht wirken.