Versorgungsprobleme mit „Imigran injekt“ bei Cluster-Kopfschmerz
Verfasst: Fr 9. Feb 2018, 22:55
Hallo zusammen,
seit ich in der CKS Selbsthilfe aktiv bin, haben mich immer wieder Betroffene kontaktiert und von Problemen bei der Versorgung mit Imigran injekt berichtet.
Erst vor wenigen Wochen hat mir ein Betroffener erzählt, sein Neurologe habe gesagt:
„Wenn sie fünf Attacken pro Tag haben und ich ihnen Imigran injekt verschreiben soll, bin ich in einer Woche pleite.“
Vor allem weil „Feuer unterm Dach“ war, galt auch hier, schnell einen Arzt zu finden, der sich mit CKS auskennt und keine Probleme bei der Versorgung mit den notwendigen Arzneimitteln macht.
Im Einzelfall ist dies möglich, aber da es auch, wie sich ebenfalls immer wieder herausstellt, unzählige CKS Patienten gibt, die nichts anderes kennen, als die Sumatriptan Tabletten (meist Generika als Probepackungen á 3 Stück), ist es notwendig eine generelle Lösung des Problems zu erreichen.
Deshalb hatten bereits Anfang 2007, Andreas (Clusterfips), Peter K. aus E. und ich verschiedene Kassenärztliche Vereinigungen angeschrieben, um Klärung des Problems und um die Sicherstellung der medizinisch notwendigen Versorgung aller CKS Patienten mit Imigran injekt zu erreichen.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat sich für nicht zuständig erklärt.
Von den angeschriebenen Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder, kamen nur vage Aussagen.
Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, die ich im Januar 2007 angeschrieben hatte, sandte wohl eine Eingangsbestätigung zu meinem Schreiben, hat dann aber nichts mehr von sich hören lassen.
Im Februar 2008 hatte ich Gelegenheit sie auf einer Veranstaltung persönlich zu sprechen.
Ende Juli 2008 erhielt ich eine Antwort auf meine Fragen.
Eine „Gebrauchsanweisung“ die wir unseren Ärzten in die Hand geben können, wie sie CKS Patienten die erforderliche Versorgung mit Imigran injekt geben können, ohne in Regress zu geraten, kam dabei aber nicht heraus.
Jedoch hier im Wesentlichen die Antwort der Patientenbeauftragten der Bundesregierung (Anmerkungen: von mir kommentiert).
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Antwort der Patientenbeauftragten der Bundesregierung:
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie beschreibt in ihren Leitlinien zur Behandlung des Clusterkopfschmerzes die Sauerstoff-Gabe sowie die subkutane Injektion von Sumatriptan als wirksam (Evidenzklasse A).
Sauerstoffkonzentratoren bzw. –flaschen können mit entsprechender Begründung als Hilfsmittel verordnet werden. (Anmerkung: Da Sauerstoffkonzentratoren bei CKS ungeeignet sind, sind sie nach dem Hilfsmittelverzeichnis bei CKS auch nicht zugelassen!)
Für die Verordnung von Hilfsmitteln gelten keine Budgetierungen. Sie können auch durch den Hausarzt verordnet werden.
Das Arzneimittel Imigran Inject (Wirkstoff: Sumatriptan) ist zur Behandlung des Clusterkopfschmerzes zugelassen. Eine Verordnung durch den behandelnden Arzt ist daher grundsätzlich möglich.
Zu Ihrer Frage, ob der behandelnde Arzt die Verordnung von Sumatriptan bzw. Sauerstoff verweigern darf, möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Gemäß § 31 SGB V (Sozialgesetzbuch Fünftes Buch) haben Versicherte grundsätzlich Anspruch auf Versorgung mit allen Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, sofern sie nicht aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) ausgeschlossen sind. Der An¬spruch umfasst die Versorgung nach den Regeln der ärztlichen Kunst auf der Grundlage des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse im Umfang einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung. (Anmerkung: Das Gebot der Wirtschaftlichkeit steht an letzter Stelle, ist also nachrangig!) Medizinisch notwendige Arzneimittel dürfen nicht aus Kostengründen verweigert werden.
Allerdings liegt die Therapiehoheit beim behandelnden Arzt. Patientinnen und Patienten können deshalb nicht auf eine bestimmte Therapie bestehen, wenn diese dem Arzt nicht angemessen und passend erscheint. (Anmerkung: Hier muss der Arzt seine Entscheidung aber auch verantworten; vor allem wenn sie nicht „nach den Regeln der ärztlichen Kunst auf der Grundlage des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse im Umfang einer ausreichenden, zweckmäßigen Versorgung“ getroffen wird, sondern nur wirtschaftliche Aspekte die Behandlung begründen. Zudem auch, wenn Medikamente zum Einsatz kommen, die nicht bei CKS zugelassen sind.)
In Bezug auf die von Ihnen angesprochene Budgetierung ist anzumerken, dass der Deut¬sche Bundestag zunächst mit Zustimmung des Bundesrates das Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets (Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz - ABAG) verab¬schiedet hat, das bereits mit Wirkung zum 31.12.2001 in Kraft getreten ist. Mit dem ABAG wurde der sog. "Kollektivregress" für die Ärzte abschafft.
Der Vertragsarzt bleibt aber grundsätzlich verpflichtet, zweckmäßig, ausreichend und wirt¬schaftlich zu verordnen. Die Einhaltung dieses Wirtschaftlichkeitsgebotes bei der Verord¬nung von Arznei- und Heilmitteln wird auch weiterhin beim einzelnen Vertragsarzt mit Hilfe von Wirtschaftlichkeitsprüfungen, insbesondere auf der Grundlage von Richtgrößen kon¬trolliert.
Die Richtgrößen werden von der Kassenärztlichen Vereinigung und den Verbänden der Krankenkassen auf Landesebene vertraglich festgelegt. Die Höhe der Richtgrößen ist nach Arztgruppen (Allgemeinärzte, Internisten u.a.) zu differenzieren.
Die Richtgröße ist ein rechnerischer Durchschnittswert bezogen auf den behandelten Pa¬tienten. Sie ist somit keine Obergrenze für die Versorgung eines einzelnen Patienten, sondern dient dem Arzt als Orientierungsgröße für die Entscheidung über die Arzneimit¬telverordnung nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Einzelfall.
Aus dieser Richtgröße und der im Kalenderjahr behandelten Patientenzahl bildet sich das Richtgrößenvolumen für den einzelnen Arzt. Anhand dieses Richtgrößenvolumens wird entschieden, ob bei einem Arzt eine Wirtschaftlichkeitsprüfung eingeleitet wird. Ein Prü- fungsverfahren bei einem Arzt wird eingeleitet, wenn die von ihm in einem Kalenderjahr veranlassten Ausgaben für Arzneimittel das für ihn geltende Richtgrößenvolumen um mehr als 15 v.H. übersteigen (Prüfungsvolumen), Das Prüfungsverfahren wird nicht einge¬leitet, wenn auf Grund der vorliegenden Daten davon auszugehen ist, dass die Über¬schreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet ist (Vorab-Prüfung).
Praxisbesonderheiten können dann vorliegen, wenn in einer Praxis der Anteil von Patien¬ten, die einen besonders hohen Bedarf an Arznei- oder Heilmitteln haben oder besonders teure Arzneimittel benötigen, überdurchschnittlich hoch ist oder wenn die Art der verord¬neten Arzneimittel für die Arztpraxen der entsprechenden Arztgruppe atypisch ist. Praxis¬besonderheiten beziehen sich nach einer Vereinbarung der Kassenärztlichen Bundesver¬einigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen insbesondere auf Praxen, die Pa¬tienten in speziellen Indikationsgebieten behandeln, wie z. B. bei Multipler Sklerose, AIDS/HIV, Chemotherapie bei Tumorpatienten, Diabetiker mit Insulinbehandlung.
Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) wur¬de ab dem 1. Januar 2004 eine Regelung geschaffen, welche die Rechtssicherheit für die Ärztinnen und Ärzte erhöht. Ein bereits festgesetzter Regress kann im Prüfungsverfahren künftig zur Vermeidung eines Regresses auf Antrag der Ärztin bzw. durch Vereinbarung einer praxisspezifischen Richtgröße abgelöst werden. In diesem Falle ist die Arztpraxis nur noch an die für sie speziell festgelegte Richtgröße gebunden. Es gilt der Grundsatz, dass kein Arzt für medizinisch notwendige und zweckmäßige Verordnungen in Regress genommen werden oder gezwungen werden soll, sein Verordnungsverhalten zum Nach¬teil von Patientinnen und Patienten zu verändern.
Regelungen zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung bleiben grundsätzlich weiterhin unverzichtbar. Es liegen zahlreiche Erkenntnisse darüber vor, das insbesondere im Arzneimittelbereich Kosten in Milliardenhöhe entstehen, die ohne Einbußen bei der Qualität der Behandlung vermeidbar wären. Es besteht ein erheb¬liches öffentliches Interesse, dass die gesetzliche Krankenversicherung derartige Kosten einspart.
Eine meiner Aufgaben als Patientenbeauftragte ist, darauf hinzuwirken, dass die Belange der Patientinnen und Patienten berücksichtigt werden. Dies gilt besonders hinsichtlich Ihrer Rechte auf eine umfassende und unabhängige Beratung und objektive Information durch Leistungserbringer, Kostenträger und Behörden im Gesundheitswesen und auf Be¬teiligung bei Fragen der Sicherstellung der medizinischen Versorgung.
Die an mich gerichteten Einzelfragen, aber auch allgemeine Stellungnahmen, werden sorgfältig gelesen und ausgewertet. Sie tragen dazu bei, Probleme zu erkennen und flie¬ßen, soweit sie verwertbare Hinweise für die Entwicklung des Krankenversicherungs¬rechts enthalten, in die Gesetzgebung ein.
Der Austausch mit Bürgern dient dazu, Probleme zu benennen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen sowie die Diskussion darüber zu vertiefen. Ich unterstütze in unabhängiger und beratender Funktion die Weiterentwicklung der Patientenrechte und bin Sprachrohr für Patienteninteressen im politischen Prozess.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Information weiterhelfen und wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute und viel Kraft für die Arbeit in Ihrer Selbsthilfegruppe.
Mit freundlichen Grüßen
Helga Kühn-Mengel
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Die Patientenbeauftragte hat sich nicht zu den DDD geäußert, die sehr oft für Verwirrung sorgen.
„Der Begriff Angenommene Mittlere Tagesdosis oder englisch Defined Daily Dose (DDD) bezeichnet eine Maßeinheit, die im Rahmen der ATC-Klassifikation vom WHO Collaborative Centre for Drug Statistics Methodology berechnet wird.
Sie gibt die angenommene mittlere Tagesdosis bei Erwachsenen für einen Wirkstoff und deren Hauptindikation an. („The DDD is the assumed average maintenance dose per day for a drug used for its main indication in adults“ – WHO 1999).
Die WHO weist darauf hin, dass es sich um eine rechnerische Größe handelt, die nicht mit einer therapeutischen, empfohlenen oder verschriebenen Dosis verwechselt werden darf, sondern für Zwecke der Arzneimittelverbrauchsforschung entwickelt wurde. Besondere Bedeutung kommt der DDD dadurch zu, dass damit durch Berücksichtigung von Produkteigenschaften des verordneten Wirkstoffes eine tagesbezogene theoretische Einnahmedauer (TED) eines Medikaments errechnet werden kann.“
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Daily_Defined_Dose
Für den Wirkstoff Sumatriptan s. c. gelten 6 mg als DDD, also gerade mal eine Spritze pro Tag. Das liegt daran, dass in den Vereinbarungen nur die Migräne berücksichtigt wurde und CKS leider nicht.
Bei bestimmten Wirkstoffgruppen von denen es preisgünstige Generika gibt, darunter die Triptane, wurden „Leitsubstanzen“ festgelegt. Diese ist bei den Triptanen Sumatriptan. Generika gibt es nur für die Sumatriptantabletten, nicht für die Spritze oder die Nasensprays. Also kann auch keine Tablette als Leitsubstanz gelten. Auch hier wurde CKS einfach nicht berücksichtigt.
So kommt es dazu, dass z. B. von der KVB den Ärzten empfohlen wird:
„Bitte beachten Sie den Leitsatz: Wenn eine Verordnung aus den DDDGruppen,
dann möglichst die Leitsubstanz und davon das günstigste Fertigarzneimittel“
Quelle: http://www.kvb.de/servlet/PB/show/11085 ... 061116.pdf
Aber dort heißt es auch:
„Grundsätzlich sind Richtgrößen ein Durchschnittswert. Nicht jeder Behandlungsfall erfordert eine Verordnung oder die Ausschöpfung der Richtgröße, so dass diese „Verdünnerfälle“ Luft verschaffen. Wird die Richtgrößensumme im Mittel dennoch überschritten, müssen Praxisbesonderheiten anhand des entsprechenden Patientengutes bzw. der erforderlichen Mehraufwendungen im Rahmen der Richtgrößenprüfung nachgewiesen werden. Es gilt wie bisher, dass die medizinisch notwendige Versorgung von Patienten nicht aus Kostengründen abgelehnt werden darf.“
Alles Gute und viel schmerzfreie Zeit
Harald Rupp
CKS Selbsthilfegruppe Nürnberg
seit ich in der CKS Selbsthilfe aktiv bin, haben mich immer wieder Betroffene kontaktiert und von Problemen bei der Versorgung mit Imigran injekt berichtet.
Erst vor wenigen Wochen hat mir ein Betroffener erzählt, sein Neurologe habe gesagt:
„Wenn sie fünf Attacken pro Tag haben und ich ihnen Imigran injekt verschreiben soll, bin ich in einer Woche pleite.“
Vor allem weil „Feuer unterm Dach“ war, galt auch hier, schnell einen Arzt zu finden, der sich mit CKS auskennt und keine Probleme bei der Versorgung mit den notwendigen Arzneimitteln macht.
Im Einzelfall ist dies möglich, aber da es auch, wie sich ebenfalls immer wieder herausstellt, unzählige CKS Patienten gibt, die nichts anderes kennen, als die Sumatriptan Tabletten (meist Generika als Probepackungen á 3 Stück), ist es notwendig eine generelle Lösung des Problems zu erreichen.
Deshalb hatten bereits Anfang 2007, Andreas (Clusterfips), Peter K. aus E. und ich verschiedene Kassenärztliche Vereinigungen angeschrieben, um Klärung des Problems und um die Sicherstellung der medizinisch notwendigen Versorgung aller CKS Patienten mit Imigran injekt zu erreichen.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat sich für nicht zuständig erklärt.
Von den angeschriebenen Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder, kamen nur vage Aussagen.
Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, die ich im Januar 2007 angeschrieben hatte, sandte wohl eine Eingangsbestätigung zu meinem Schreiben, hat dann aber nichts mehr von sich hören lassen.
Im Februar 2008 hatte ich Gelegenheit sie auf einer Veranstaltung persönlich zu sprechen.
Ende Juli 2008 erhielt ich eine Antwort auf meine Fragen.
Eine „Gebrauchsanweisung“ die wir unseren Ärzten in die Hand geben können, wie sie CKS Patienten die erforderliche Versorgung mit Imigran injekt geben können, ohne in Regress zu geraten, kam dabei aber nicht heraus.
Jedoch hier im Wesentlichen die Antwort der Patientenbeauftragten der Bundesregierung (Anmerkungen: von mir kommentiert).
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Antwort der Patientenbeauftragten der Bundesregierung:
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie beschreibt in ihren Leitlinien zur Behandlung des Clusterkopfschmerzes die Sauerstoff-Gabe sowie die subkutane Injektion von Sumatriptan als wirksam (Evidenzklasse A).
Sauerstoffkonzentratoren bzw. –flaschen können mit entsprechender Begründung als Hilfsmittel verordnet werden. (Anmerkung: Da Sauerstoffkonzentratoren bei CKS ungeeignet sind, sind sie nach dem Hilfsmittelverzeichnis bei CKS auch nicht zugelassen!)
Für die Verordnung von Hilfsmitteln gelten keine Budgetierungen. Sie können auch durch den Hausarzt verordnet werden.
Das Arzneimittel Imigran Inject (Wirkstoff: Sumatriptan) ist zur Behandlung des Clusterkopfschmerzes zugelassen. Eine Verordnung durch den behandelnden Arzt ist daher grundsätzlich möglich.
Zu Ihrer Frage, ob der behandelnde Arzt die Verordnung von Sumatriptan bzw. Sauerstoff verweigern darf, möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Gemäß § 31 SGB V (Sozialgesetzbuch Fünftes Buch) haben Versicherte grundsätzlich Anspruch auf Versorgung mit allen Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, sofern sie nicht aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) ausgeschlossen sind. Der An¬spruch umfasst die Versorgung nach den Regeln der ärztlichen Kunst auf der Grundlage des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse im Umfang einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung. (Anmerkung: Das Gebot der Wirtschaftlichkeit steht an letzter Stelle, ist also nachrangig!) Medizinisch notwendige Arzneimittel dürfen nicht aus Kostengründen verweigert werden.
Allerdings liegt die Therapiehoheit beim behandelnden Arzt. Patientinnen und Patienten können deshalb nicht auf eine bestimmte Therapie bestehen, wenn diese dem Arzt nicht angemessen und passend erscheint. (Anmerkung: Hier muss der Arzt seine Entscheidung aber auch verantworten; vor allem wenn sie nicht „nach den Regeln der ärztlichen Kunst auf der Grundlage des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse im Umfang einer ausreichenden, zweckmäßigen Versorgung“ getroffen wird, sondern nur wirtschaftliche Aspekte die Behandlung begründen. Zudem auch, wenn Medikamente zum Einsatz kommen, die nicht bei CKS zugelassen sind.)
In Bezug auf die von Ihnen angesprochene Budgetierung ist anzumerken, dass der Deut¬sche Bundestag zunächst mit Zustimmung des Bundesrates das Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets (Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz - ABAG) verab¬schiedet hat, das bereits mit Wirkung zum 31.12.2001 in Kraft getreten ist. Mit dem ABAG wurde der sog. "Kollektivregress" für die Ärzte abschafft.
Der Vertragsarzt bleibt aber grundsätzlich verpflichtet, zweckmäßig, ausreichend und wirt¬schaftlich zu verordnen. Die Einhaltung dieses Wirtschaftlichkeitsgebotes bei der Verord¬nung von Arznei- und Heilmitteln wird auch weiterhin beim einzelnen Vertragsarzt mit Hilfe von Wirtschaftlichkeitsprüfungen, insbesondere auf der Grundlage von Richtgrößen kon¬trolliert.
Die Richtgrößen werden von der Kassenärztlichen Vereinigung und den Verbänden der Krankenkassen auf Landesebene vertraglich festgelegt. Die Höhe der Richtgrößen ist nach Arztgruppen (Allgemeinärzte, Internisten u.a.) zu differenzieren.
Die Richtgröße ist ein rechnerischer Durchschnittswert bezogen auf den behandelten Pa¬tienten. Sie ist somit keine Obergrenze für die Versorgung eines einzelnen Patienten, sondern dient dem Arzt als Orientierungsgröße für die Entscheidung über die Arzneimit¬telverordnung nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Einzelfall.
Aus dieser Richtgröße und der im Kalenderjahr behandelten Patientenzahl bildet sich das Richtgrößenvolumen für den einzelnen Arzt. Anhand dieses Richtgrößenvolumens wird entschieden, ob bei einem Arzt eine Wirtschaftlichkeitsprüfung eingeleitet wird. Ein Prü- fungsverfahren bei einem Arzt wird eingeleitet, wenn die von ihm in einem Kalenderjahr veranlassten Ausgaben für Arzneimittel das für ihn geltende Richtgrößenvolumen um mehr als 15 v.H. übersteigen (Prüfungsvolumen), Das Prüfungsverfahren wird nicht einge¬leitet, wenn auf Grund der vorliegenden Daten davon auszugehen ist, dass die Über¬schreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet ist (Vorab-Prüfung).
Praxisbesonderheiten können dann vorliegen, wenn in einer Praxis der Anteil von Patien¬ten, die einen besonders hohen Bedarf an Arznei- oder Heilmitteln haben oder besonders teure Arzneimittel benötigen, überdurchschnittlich hoch ist oder wenn die Art der verord¬neten Arzneimittel für die Arztpraxen der entsprechenden Arztgruppe atypisch ist. Praxis¬besonderheiten beziehen sich nach einer Vereinbarung der Kassenärztlichen Bundesver¬einigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen insbesondere auf Praxen, die Pa¬tienten in speziellen Indikationsgebieten behandeln, wie z. B. bei Multipler Sklerose, AIDS/HIV, Chemotherapie bei Tumorpatienten, Diabetiker mit Insulinbehandlung.
Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) wur¬de ab dem 1. Januar 2004 eine Regelung geschaffen, welche die Rechtssicherheit für die Ärztinnen und Ärzte erhöht. Ein bereits festgesetzter Regress kann im Prüfungsverfahren künftig zur Vermeidung eines Regresses auf Antrag der Ärztin bzw. durch Vereinbarung einer praxisspezifischen Richtgröße abgelöst werden. In diesem Falle ist die Arztpraxis nur noch an die für sie speziell festgelegte Richtgröße gebunden. Es gilt der Grundsatz, dass kein Arzt für medizinisch notwendige und zweckmäßige Verordnungen in Regress genommen werden oder gezwungen werden soll, sein Verordnungsverhalten zum Nach¬teil von Patientinnen und Patienten zu verändern.
Regelungen zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung bleiben grundsätzlich weiterhin unverzichtbar. Es liegen zahlreiche Erkenntnisse darüber vor, das insbesondere im Arzneimittelbereich Kosten in Milliardenhöhe entstehen, die ohne Einbußen bei der Qualität der Behandlung vermeidbar wären. Es besteht ein erheb¬liches öffentliches Interesse, dass die gesetzliche Krankenversicherung derartige Kosten einspart.
Eine meiner Aufgaben als Patientenbeauftragte ist, darauf hinzuwirken, dass die Belange der Patientinnen und Patienten berücksichtigt werden. Dies gilt besonders hinsichtlich Ihrer Rechte auf eine umfassende und unabhängige Beratung und objektive Information durch Leistungserbringer, Kostenträger und Behörden im Gesundheitswesen und auf Be¬teiligung bei Fragen der Sicherstellung der medizinischen Versorgung.
Die an mich gerichteten Einzelfragen, aber auch allgemeine Stellungnahmen, werden sorgfältig gelesen und ausgewertet. Sie tragen dazu bei, Probleme zu erkennen und flie¬ßen, soweit sie verwertbare Hinweise für die Entwicklung des Krankenversicherungs¬rechts enthalten, in die Gesetzgebung ein.
Der Austausch mit Bürgern dient dazu, Probleme zu benennen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen sowie die Diskussion darüber zu vertiefen. Ich unterstütze in unabhängiger und beratender Funktion die Weiterentwicklung der Patientenrechte und bin Sprachrohr für Patienteninteressen im politischen Prozess.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Information weiterhelfen und wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute und viel Kraft für die Arbeit in Ihrer Selbsthilfegruppe.
Mit freundlichen Grüßen
Helga Kühn-Mengel
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Die Patientenbeauftragte hat sich nicht zu den DDD geäußert, die sehr oft für Verwirrung sorgen.
„Der Begriff Angenommene Mittlere Tagesdosis oder englisch Defined Daily Dose (DDD) bezeichnet eine Maßeinheit, die im Rahmen der ATC-Klassifikation vom WHO Collaborative Centre for Drug Statistics Methodology berechnet wird.
Sie gibt die angenommene mittlere Tagesdosis bei Erwachsenen für einen Wirkstoff und deren Hauptindikation an. („The DDD is the assumed average maintenance dose per day for a drug used for its main indication in adults“ – WHO 1999).
Die WHO weist darauf hin, dass es sich um eine rechnerische Größe handelt, die nicht mit einer therapeutischen, empfohlenen oder verschriebenen Dosis verwechselt werden darf, sondern für Zwecke der Arzneimittelverbrauchsforschung entwickelt wurde. Besondere Bedeutung kommt der DDD dadurch zu, dass damit durch Berücksichtigung von Produkteigenschaften des verordneten Wirkstoffes eine tagesbezogene theoretische Einnahmedauer (TED) eines Medikaments errechnet werden kann.“
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Daily_Defined_Dose
Für den Wirkstoff Sumatriptan s. c. gelten 6 mg als DDD, also gerade mal eine Spritze pro Tag. Das liegt daran, dass in den Vereinbarungen nur die Migräne berücksichtigt wurde und CKS leider nicht.
Bei bestimmten Wirkstoffgruppen von denen es preisgünstige Generika gibt, darunter die Triptane, wurden „Leitsubstanzen“ festgelegt. Diese ist bei den Triptanen Sumatriptan. Generika gibt es nur für die Sumatriptantabletten, nicht für die Spritze oder die Nasensprays. Also kann auch keine Tablette als Leitsubstanz gelten. Auch hier wurde CKS einfach nicht berücksichtigt.
So kommt es dazu, dass z. B. von der KVB den Ärzten empfohlen wird:
„Bitte beachten Sie den Leitsatz: Wenn eine Verordnung aus den DDDGruppen,
dann möglichst die Leitsubstanz und davon das günstigste Fertigarzneimittel“
Quelle: http://www.kvb.de/servlet/PB/show/11085 ... 061116.pdf
Aber dort heißt es auch:
„Grundsätzlich sind Richtgrößen ein Durchschnittswert. Nicht jeder Behandlungsfall erfordert eine Verordnung oder die Ausschöpfung der Richtgröße, so dass diese „Verdünnerfälle“ Luft verschaffen. Wird die Richtgrößensumme im Mittel dennoch überschritten, müssen Praxisbesonderheiten anhand des entsprechenden Patientengutes bzw. der erforderlichen Mehraufwendungen im Rahmen der Richtgrößenprüfung nachgewiesen werden. Es gilt wie bisher, dass die medizinisch notwendige Versorgung von Patienten nicht aus Kostengründen abgelehnt werden darf.“
Alles Gute und viel schmerzfreie Zeit
Harald Rupp
CKS Selbsthilfegruppe Nürnberg