Sauerstoff kann Cluster-Schmerz schnell lindern
Verfasst: Di 9. Jan 2018, 11:00
... unter dieser Überschrift berichtet die Ärztezeitung in ihrer heutigen Ausgabe über einen CK-Patienten und zeigt klipp und klar die Mangel-Versorgung durch manche Krankenkassen auf und prangert diese an:
Sauerstoff kann Cluster-Schmerz schnell lindern
Vor allem Männer leiden an dieser extrem heftigen Kopfschmerz-Form / Typisch ist die einseitige periorbitale Lokalisation
Der Cluster-Kopfschmerz gehört zu den schlimmsten Kopfschmerzformen. Welche Symptome wegweisend für die Diagnose sind und wie Betroffenen in einem solchen Notfall schnell geholfen werden kann, schildert Dr. Dietrich Jungck aus Hamburg, Präsident des Verbandes Deutscher Ärzte für Algesiologie, in unserer heutigen Kasuistik.
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Schon die Art der Schmerz-Markierung im Körperschema läßt die Intensität der Beschwerden erahnen.
Foto: Jungck
Die aktuelle Situation
Herr L., 32 Jahre, kommt als Notfall in unsere Behandlung. Er klagt über seit zehn Tagen bestehende anfallsartige, heftigste Kopfschmerzen mit besonderer periorbitaler Lokalisation. Die Untersuchung ergibt keine pathologische Befunde, auch Hirnnerven und peripheres Nervensystem sind unauffällig. Während der Exploration beginnt jedoch ein weiterer Anfall. Die sofortige Inhalation von reinem Sauerstoff (über Gesichtsmaske, 7 l/Minute) kann ihn innerhalb von nur drei Minuten beenden.
* Was ist bisher passiert?
Der Patient berichtet, daß er bereits seit vier Jahren unter solchen anfallsartigen Schmerzen im Gesicht leidet. Die Schmerzen treten immer rechts auf, meist nachts zur gleichen Zeit. Sie sind mit Licht- und Lärmempfindlichkeit und Blässe verbunden. Bei den Anfällen hat er Tränen- und Naselaufen, manchmal auch eine verstopfte Nase und ein "kleines, rotes Auge" - alles nur rechts.
Die Anfälle kommen ohne Vorzeichen, Auslöser kann der Patient auch nicht ausmachen. Er hat solche Anfälle allerdings auffällig häufig im Frühjahr und Herbst für mehrere Wochen. Die Attacken dauern jeweils zwischen 20 und 45 Minuten und treten meist mehrere Male hintereinander auf. Die Schmerzintensität ist dann maximal. Er müsse dann herumlaufen und habe manchmal das Bedürfnis, mit dem Schädel gegen die Wand zu schlagen, so der junge Mann.
Wegen dieser Anfälle ist er bereits bei vielen Ärzten - "mindestens sieben" - gewesen - ohne eine richtige Diagnose genannt zu bekommen. Es wurden verschiedene Schmerzmittel verordnet, die jedoch keinen entscheidenden Einfluß auf Anfallshäufigkeit und -dauer hatten. Eine lapidare Erklärung einiger Ärzte: "Da könne man nichts machen, da müsse er wohl durch." Ein Zahnarzt habe schließlich einen Zahn für den Verursacher gehalten und diesen gezogen.
* Was ist nun zu tun?
Unter der Diagnose Cluster-Kopfschmerz, episodische Form, - dafür sprechen die extrem heftigen Attacken, die saisonal auftreten, - verordnen wir ein Sauerstoffgerät mit Gesichtsmaske zur Selbstbehandlung und erklären Herrn L. die Handhabung.
Außerdem beginnen wir die Anfallsprophylaxe mit Verapamil (einschleichend mit zunächst 120 mg in Retardgalenik alle zwölf Stunden, nach fünf Tagen Übergang auf je 240 mg) und verordnen Sumatriptan-Nasenspray gegen Anfälle außerhalb des Hauses. Wir geben zudem einen Kopfschmerz-Kalender mit und raten dem Patienten dringend zur Nikotinkarenz. Denn Nikotin und Alkohol sind starke neurotoxische Substanzen, und die meisten Cluster-Patienten sind Raucher.
Zwei Wochen später berichtet Herr L., daß seine Kasse fast zwei Wochen gebraucht habe, bis das Sauerstoff-Gerät bewilligt worden sei, da der MDK so lange zur Bearbeitung benötigte (das bestätigte die Kasse in der von uns angeforderten Stellungnahme, der MDK hat bisher keine Stellungnahme abgegeben). In der Zwischenzeit hatte der Patient viele Anfälle, gegen die er Sumatriptan anwenden mußte.
Bei der nächsten Konsultation eine Woche später - nun mit Sauerstoffgerät - zeigt sich, daß die Häufigkeit der Anfälle erheblich zurückgegangen ist. In der vergangenen Woche gab es nur noch einen Anfall, der sich mit Sauerstoff schnell beenden ließ.
Für die nächsten Tage und Wochen ist nun vorgesehen, Verapamil mit Beendigung der Cluster-Periode wieder auszuschleichen.
Für die mit großer Wahrscheinlichkeit periodenweise wiederkehrenden Anfälle bekommt Herr L. dann schriftliche Verhaltensanweisungen mit. Das Sauerstoff-Gerät wird er zu Hause behalten und auf ausreichenden Füllungszustand achten.
Herr L. ist zufrieden, daß seine Krankheit jetzt einen Namen hat und daß ihm die einfache Sauerstoff-Inhalation zuverlässig hilft.
FAZIT
Der Cluster-Kopfschmerz gehört zu den schlimmsten Kopfschmerzen. Der chronische Cluster-Kopfschmerz plagt dabei die - meist männlichen - Patienten das ganze Jahr über, der episodische "nur" periodenweise. Immer ist er jedoch als Notfall anzusehen! Der Behandlung gehört daher absolute Priorität - dazu gehört auch die Versorgung mit einem Sauerstoffgerät innerhalb von Stunden.
Es sollte daher nicht hingenommen werden, wenn eine Krankenkasse die Belieferung verzögert. Für den Fall, daß die Verordnung an den MDK weitergereicht wird, muß darauf gedrängt werden, daß dort die Genehmigung schnellstmöglich per Telefon oder Fax wieder an die Kasse übermittelt wird. Daß eine solche Stellungnahme Tage benötigt, wie in diesem Fall, ist unentschuldbar.
Sauerstoff kann Cluster-Schmerz schnell lindern
Vor allem Männer leiden an dieser extrem heftigen Kopfschmerz-Form / Typisch ist die einseitige periorbitale Lokalisation
Der Cluster-Kopfschmerz gehört zu den schlimmsten Kopfschmerzformen. Welche Symptome wegweisend für die Diagnose sind und wie Betroffenen in einem solchen Notfall schnell geholfen werden kann, schildert Dr. Dietrich Jungck aus Hamburg, Präsident des Verbandes Deutscher Ärzte für Algesiologie, in unserer heutigen Kasuistik.
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Schon die Art der Schmerz-Markierung im Körperschema läßt die Intensität der Beschwerden erahnen.
Foto: Jungck
Die aktuelle Situation
Herr L., 32 Jahre, kommt als Notfall in unsere Behandlung. Er klagt über seit zehn Tagen bestehende anfallsartige, heftigste Kopfschmerzen mit besonderer periorbitaler Lokalisation. Die Untersuchung ergibt keine pathologische Befunde, auch Hirnnerven und peripheres Nervensystem sind unauffällig. Während der Exploration beginnt jedoch ein weiterer Anfall. Die sofortige Inhalation von reinem Sauerstoff (über Gesichtsmaske, 7 l/Minute) kann ihn innerhalb von nur drei Minuten beenden.
* Was ist bisher passiert?
Der Patient berichtet, daß er bereits seit vier Jahren unter solchen anfallsartigen Schmerzen im Gesicht leidet. Die Schmerzen treten immer rechts auf, meist nachts zur gleichen Zeit. Sie sind mit Licht- und Lärmempfindlichkeit und Blässe verbunden. Bei den Anfällen hat er Tränen- und Naselaufen, manchmal auch eine verstopfte Nase und ein "kleines, rotes Auge" - alles nur rechts.
Die Anfälle kommen ohne Vorzeichen, Auslöser kann der Patient auch nicht ausmachen. Er hat solche Anfälle allerdings auffällig häufig im Frühjahr und Herbst für mehrere Wochen. Die Attacken dauern jeweils zwischen 20 und 45 Minuten und treten meist mehrere Male hintereinander auf. Die Schmerzintensität ist dann maximal. Er müsse dann herumlaufen und habe manchmal das Bedürfnis, mit dem Schädel gegen die Wand zu schlagen, so der junge Mann.
Wegen dieser Anfälle ist er bereits bei vielen Ärzten - "mindestens sieben" - gewesen - ohne eine richtige Diagnose genannt zu bekommen. Es wurden verschiedene Schmerzmittel verordnet, die jedoch keinen entscheidenden Einfluß auf Anfallshäufigkeit und -dauer hatten. Eine lapidare Erklärung einiger Ärzte: "Da könne man nichts machen, da müsse er wohl durch." Ein Zahnarzt habe schließlich einen Zahn für den Verursacher gehalten und diesen gezogen.
* Was ist nun zu tun?
Unter der Diagnose Cluster-Kopfschmerz, episodische Form, - dafür sprechen die extrem heftigen Attacken, die saisonal auftreten, - verordnen wir ein Sauerstoffgerät mit Gesichtsmaske zur Selbstbehandlung und erklären Herrn L. die Handhabung.
Außerdem beginnen wir die Anfallsprophylaxe mit Verapamil (einschleichend mit zunächst 120 mg in Retardgalenik alle zwölf Stunden, nach fünf Tagen Übergang auf je 240 mg) und verordnen Sumatriptan-Nasenspray gegen Anfälle außerhalb des Hauses. Wir geben zudem einen Kopfschmerz-Kalender mit und raten dem Patienten dringend zur Nikotinkarenz. Denn Nikotin und Alkohol sind starke neurotoxische Substanzen, und die meisten Cluster-Patienten sind Raucher.
Zwei Wochen später berichtet Herr L., daß seine Kasse fast zwei Wochen gebraucht habe, bis das Sauerstoff-Gerät bewilligt worden sei, da der MDK so lange zur Bearbeitung benötigte (das bestätigte die Kasse in der von uns angeforderten Stellungnahme, der MDK hat bisher keine Stellungnahme abgegeben). In der Zwischenzeit hatte der Patient viele Anfälle, gegen die er Sumatriptan anwenden mußte.
Bei der nächsten Konsultation eine Woche später - nun mit Sauerstoffgerät - zeigt sich, daß die Häufigkeit der Anfälle erheblich zurückgegangen ist. In der vergangenen Woche gab es nur noch einen Anfall, der sich mit Sauerstoff schnell beenden ließ.
Für die nächsten Tage und Wochen ist nun vorgesehen, Verapamil mit Beendigung der Cluster-Periode wieder auszuschleichen.
Für die mit großer Wahrscheinlichkeit periodenweise wiederkehrenden Anfälle bekommt Herr L. dann schriftliche Verhaltensanweisungen mit. Das Sauerstoff-Gerät wird er zu Hause behalten und auf ausreichenden Füllungszustand achten.
Herr L. ist zufrieden, daß seine Krankheit jetzt einen Namen hat und daß ihm die einfache Sauerstoff-Inhalation zuverlässig hilft.
FAZIT
Der Cluster-Kopfschmerz gehört zu den schlimmsten Kopfschmerzen. Der chronische Cluster-Kopfschmerz plagt dabei die - meist männlichen - Patienten das ganze Jahr über, der episodische "nur" periodenweise. Immer ist er jedoch als Notfall anzusehen! Der Behandlung gehört daher absolute Priorität - dazu gehört auch die Versorgung mit einem Sauerstoffgerät innerhalb von Stunden.
Es sollte daher nicht hingenommen werden, wenn eine Krankenkasse die Belieferung verzögert. Für den Fall, daß die Verordnung an den MDK weitergereicht wird, muß darauf gedrängt werden, daß dort die Genehmigung schnellstmöglich per Telefon oder Fax wieder an die Kasse übermittelt wird. Daß eine solche Stellungnahme Tage benötigt, wie in diesem Fall, ist unentschuldbar.