Archiv hat geschrieben: Do 8. Feb 2018, 20:35
Guten Abend! Bin seit 2001 Clusterpatient und verfolge seither auch diese hervorragende und sehr informative Webseite. Nachdem ich mich bis Juli d.J. vorwiegend von Imigran in Tabletten- u. Injektform "ernährt" habe, werde ich nun mit Verapamil (80) behandelt und bin seitdem schmerzfrei und entsprechend zufrieden. Auch wenn das Thema Nebenwirkungen von Verapamil bestimmt schon einige Male besprochen wurde, möchte ich einfach mal nachfragen, ob jemand vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht hat: seit ca. 4 Wochen habe ich vorwiegend immer abends einen anstrengenden Juckreiz zumeist auf dem Rücken und der Schulter, leichte Pusteln, leicht gerötet. Ich habe eigentlich nur eine Erklärung, dass das eventl. von Verapamil kommt (auf dem Beipackzettel wird das auch kurz beschrieben). Hat jemand diese Erfahrungen gemacht u. welche Möglichkeit habe ich anstatt Verapamil (sofern es aus diesen Gründen abgesetzt werden muss) zu nehmen, dass in etwa die gleiche und ansonsten gute Wirkung hat?
Hallo Andi,
Verapamil ist ein Kalzium-Antagonist mit besonderen Eigenschaften, weshalb die Substanz unter den andern Kalzium-Antagonisten (z.B. Norvasc oder Adalat) eine eigene Untergruppe bildet.
Verapamil gibt es unter dem Originalnanem Isoptin schon viele Jahre und es wurde ursprünglich als Mittel gegen Bluthochdruck und gegen bestimmte Herzrhythmusstörungen entwickelt.
Ca-Antagonisten (Gegenspieler) wirken alle einfach ausgedrückt so, dass die Kalzium-Kanäle der Zellen undurchlässiger gemacht werden, wodurch die Zellen "langsamer" werden. Der Blutdruck sinkt dann automatisch, weil auch die Arterien (mit eigener Muskulatur) dann an Wandspannung verlieren.
Wie und warum es auch bei CKS prophylaktisch bei über der Hälfte der Betroffenen erfolgreich funktioniert ist noch nicht geklärt, das wurde irgendwann zufällig entdeckt.
Allerdings haben die Ca-Antagonisten zwangsläufig Nebenwirkungen. Normal ist eine gewisse Müdigkeit und auch eine gewisse Darmträgheit, weil auch dieser dadurch langsamer wird. Aber auch positive Nebeneffekte gehören dazu, nämlich die Erweiterung der Arteriolen (kleine Schlagadern) z.B. in den Herzkranzgefäßen und auch in anderen Organen.
Manche bekommen auch rote Ohren oder ein rotes Gesicht deswegen, problematisch wird es bei Verapamil aber erst, wenn Ödeme (Wasseransammlungen) in den Knöcheln auftreten, Herzrhythmusstörungen im EKG sichtbar werden (was nur bei hohen Dosen > 480mg/Tag eventuell zu erwarten ist und gemäß Richtlinie auch erst ab dann kontrolliert werden muss) bzw. die Leberwerte extrem steigen.
Die Hautpusteln und das Jucken sind nicht typisch, das kann aber schonmal sein. In diesem Fall würde ich zusammen mit meinem Arzt abwägen, ob man nicht die Hautirritation gesondert behandelt und das Verapamil beibehält, wenn es sogar in dieser niedrigen Dosis schon die Cluster-Attacken verhindert?
Denn eine gleichwertige Alternative haben wir derzeit nicht. Zwar gibt es mit Cortison, Ergotamin und Lithium noch drei andere wirksame Substanzen für die befristete Prophylaxe, allerdings sind diese erstens nicht so erfolgversprechend und zweitens in der Anwendung deutlich problematischer.
Das Problem mit der Haut dürfte mit einer einfachen Cortison-Salbe schon in den Griff zu kriegen sein, und das Cortison ist da völlig unproblematisch, weil nur schwach dosiert und auch nur lokal wirksam, es geht also nicht nennenswert in das Körpersystem über.
Ich selbst habe meine letzte Cluster-Episode nun wieder hinter mir, nehme aber 2x240mg Vera-Retard (immerhin 480mg/Tag) weiterhin und setze diese auch nicht mehr ab.
Die Gründe dafür sind zum einen, dass ich passenderweise nicht nur mit CKS, sondern auch noch mit erheblichem Bluthochdruck ausgestattet wurde (150-160 zu 90-100 mm/hg unbehandelt), also ohnehin unbedingt Antihypertensiva nehmen muss. Das Verapamil reicht da noch nichtmal, ich muss noch 32mg Atacand (Hochdosis einer anderen Typklasse gegen Hochdruck) zusätzlich nehmen, um auf Normalwerte zu kommen. Wenn auch das irgendwann nicht mehr ausreichen sollte, kommt dann erst HCT zum Entwässern dazu und dann noch mehr Verapamil bis zum AV-Block.
Zum anderen habe ich ja vielleicht sogar Glück und das CKS tritt überhaupt nicht mehr auf, und darüber hinaus kann sich mein Körper so dauerhaft an die Veränderungen der Durchblutung gewöhnen, was mindestens einige Monate dauert. Ein bischen schlapper als früher (als ich anstatt Verapamil einen Beta-Blocker nahm) fühle ich mich auch noch, aber das ist mit der Zeit besser geworden und insgesamt nicht mehr der Rede wert. Wir reagieren blutdruckmäßig alle anders, aber jeder gewöhnt sich mit der Zeit an einen niedrigeren Systemdruck und profitiert davon.
Außerdem jucken seitdem meine Unterschenkel abends dermaßen, dass meine Fingernägel vor lauter Kratzen gar nicht mehr mit dem Nachwachsen hinterherkommen, zu sehen ist aber nichts.
Vorteilhaft daran ist für mich, dass ich wesentlich besser einschlafe als früher und noch etwas Interessantes konnte ich feststellen, seit ich Verapamil nehme:
Ohne Gewähr! und auf die Gefahr hin , dass Verapamil morgen schlagartig ausverkauft ist:
Die oben erläuterte Durchblutung ist ganz offensichtlich auch noch anderweitig verbessert geworden, meine Erektionsfähigkeit ist plötzlich wieder so wie zuletzt in meiner Jugend vor 20 Jahren
Liebe Grüße
Christian
Intelligenz heißt, den richtigen Umweg zum Ziel zu finden
Geändert von Arnie2005 am 10.Dec.2005 22:57