Nach 13 Jahren wieder dabei ...

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rocroc
Beiträge: 9
Registriert: Mi 3. Jan 2024, 21:44

Nach 13 Jahren wieder dabei ...

Beitrag von rocroc »

Liebe Betroffene

Meine Rückkehr in dieses Forum habe ich weder erwartet noch ersehnt, was aber nicht im geringsten an den Forenmitgliedern liegt :-). Nun ja, nicht immer schweisst einem Angenehmes zusammen ...

Nach 21 Jahren episodischem Cluster (alle 18 Monate 6 bis 8 Wochen - nach drei Wochen jeweils recht gut im Griff mit Verapamil und Sauerstoff, zu Beginn auch noch Ergotaminpräparaten und gelegentlich Sumatriptan), hatte ich vor 13 Jahren eine Herzoperation (Mitralklappenrekonstruktion nach Endokarditits). Dabei wurde auch ein grosses Foramen ovale geschlossen (offene Verbindung zwischen den Herzvorhöfen als Geburtsfehler, die unter anderem bei gewissen Migränepatienten für ihr Leiden mitverantwortlich gemacht wird). Nun ist Cluster nicht Migräne, aber ich hatte seit dieser Operation tatsächlich nie mehr Clusterkopfschmerzen - dafür Migraine sans migraine - also eine gut dreissig Minuten dauernde Migräne mit Aura und Sehstörungen, aber ohne Kopfschmwerzen. Dies ca. 60mal im Jahr - absolut erträglich. Ob auch die täglich notwendige Medikamentation mit Betablocker (2.5mg) und Aspririn cardio irgendeinen positiven Einfluss auf den Verlauf gehabt hat, sei dahingestellt. Die Wirksamkeit von Betablockern ist bei Migräne gegeben, bei Cluster habe ich noch keine entsprechende Studien gesehen.

Im Dezember 2023 hatte ich zum zweiten Mal Corona, diesmal nach längerer Impfabstinenz und einer mehr als 18 Monate zurückliegenden Infektion. Es hat mich 5 Tage komplett flachgelegt. Eine Woche nach den letzten Symptomen dann in Minutenschnelle plötzlich das vertraute und verhasste Bohren und die erste Attacke - und seither bin ich wieder drin. Der Höhepunkt vorgestern mit 8 Attacken, eine Zahl, die ich nie vorher erreicht habe. Zum Glück habe ich die Reduzierventile behalten und konnte innert eines Tages mit Sauerstoffflaschen aufrüsten.

Was hat sich geändert zu vor 13 Jahren?
  • Ich hatte nie eine Episode um den Jahreswechsel.
  • Ich habe ab Tag 2 hochdosiert Kortison eingesetzt und nach Vorschlag bis auf 20mg abgebaut.
  • Die Attacken lassen sich mit Sauerstoff schneller herunterfahren als bisher, aber sie kommen häufiger - bis auf gestern -> Rizatriptan.
  • Ich kann Verapamil nicht einfach einsetzen, weil sich der Betablocker und der Calciumantagonist nicht vertragen. Hier werde ich experimentieren müssen. Vor 13 Jahren nahm ich keinen Betablocker.
Gestern Abend habe ich vor dem Einschlafen - auch experimentell - eine halbe 10mg Schmelztablette Rizatriptan genommen. Damit bin ich erstaunlicherweise attackenfrei geblieben bis zum Aufstehen - dann hat sich die Morgenattacke dafür besonders angestrengt. Für den Arbeitstag habe ich die zweite Hälfte der 10mg-Tablette eingesetzt und bin bis jetzt attackenfrei mit Schraubstockgefühl um den Kopf.

Der langen Rede kürzerer Sinn:
Ich weiss, dass Medikamente nie bei allen gleich wirken, wäre aber trotzdem froh um ein paar Tipps.

Rizatriptan: Wie lange und häufig wirklich? Die 10-Tage-Regelung kenne ich soweit, frage mich nur, ob über mehrere Wochen 5mg auf die Nacht vertretbar sind.

Kaffee: Ich kann auf Vieles verzichten und locker auch auf Kaffee - hab aber eher das Gefühl, dass er mir nicht schadet.

Betablocker und/oder Verapamill: Hat jemand in einer ähnlichen Konstellation den Betablocker durch Verapamil ersetzt oder nimmt beide Medikamente nach einem bestimmten Muster ein? Oder hat jemand mit Betablocker alleine positive Erfahrungen gemacht?

Stark salzhaltige bzw. nitrathaltige Speisen?

Corona: Ich bin fast überzeugt, dass diese Episode bei mir durch Corona ausgelöst wurde. Entsprechende Hinweise habe ich nur spärlich gefunden, aber es scheint offensichtlich eine Relevanz zu bestehen. Ich habe vermutlich wie viele andere hier auch Dutzende von Studien gelesen und unterschiedlichste Erklärungen für Clusterkopfschmerzen verglichen. Der Verweis auf entzündliche Reaktionen, der dabei immer wieder auftaucht (z.B. auch https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/ ... opfschmerz, lässt mir die laienhafte Vorstellung aufleben, dass die diversen Autoimmunreaktionen, die bereits bei der letzten Coronainfektion noch nach Wochen aufgetaucht sind, die Episode diesmal bei mir getriggert haben.

Euch allen ein gutes und möglichst schmerzarmes Jahr und lange schmerzfreie Phasen.

LG aus der Schweiz
Rocky
rocroc
Beiträge: 9
Registriert: Mi 3. Jan 2024, 21:44

Re: Nach 13 Jahren wieder dabei ...

Beitrag von rocroc »

Kleines Update zu Beginn der Woche 4 meiner aktuellen Episode:
  • Die Attacken kommen nun mehrheitlich in der Nacht und am Morgen nach dem Aufstehen.
  • Sauerstoff hilft bei mir nach wie vor gut und reduziert den Schmerz von 9 bis 10 auf 1 bis 2 in 20 bis 40 Minuten bei 12L/min.
  • Mit Eletriptan habe ich eine Substanz gefunden, die mich für mehrere Stunden attackenfrei hält. Zur Einnahme mehr weiter unten.
  • Die begleitenden Symptome des Clusters, die ich nach 13 beschwerdefreien Jahren verdrängt habe, sind keine Freude, wenn auch deutlich besser zu ertragen als eine volle Attacke: Schraubstockgefühl am Kopf, Schmerz im Stirnbereich beidseitig zwischen den Attacken, mal stärker, mal besser, empfindliche Kopfhaut, Kopf fühlt sich halbseitig "entzündet" an.
Bewährt hat sich folgende Medikamentation:

Bei Beginn einer Attacke Sauerstoff und gleichzeitig ein Relpax 20mg (tiefste Dosis -> ich brauche von allen Medis immer nur die Hälfte ...). Sauerstoff kupiert die Attacke, Relpax braucht gut 2 Stunden, bis die Wirkung voll einsetzt, hält dann aber bei mir 12 Stunden oder sogar mehr. Nebenwirkungen: Bisher keine. Mit der Einnahme des nächsten warte ich bis zur nächsten Attacke. Das sind mittlerweile 24 Stunden :-). So gut hatte ich es noch im Griff. Ich merke zwar, wie in den zweiten 12 Stunden der Grundkopfschmerz im Stirnbereich zunimmt (vor allem bei Bildschirmarbeit), schaffe es aber oft in die Nacht. Auch der Sauerstoff wirkt unter Triptan schneller, zumindest, solange noch ein Restspiegel besteht.

Respekt habe ich vor einem medikamenteninduzierten Kopfschmerz, der bei Cluster-Patienten bei Triptanen zwar nicht gegeben sei, bei mir aber möglich scheint, da ich in den letzten Jahren an Migraine sans Migraine (Aura, aber keine oder nur schwache Kopfschmerzen) gelitten habe. Ich hoffe, dass die geringe Dosis und die durchschnittliche Anwendung von einer Dosis pro Tag das Risiko minimiert. Es werden aber sicher mehr als 10 Tage im Monat sein.

Experiment Verapamil anstelle des Betablockers, den ich wegen der Herzgeschichten nehmen muss: Ich benötige lediglich 2.5mg Concors am Tag (Wirkstoff Bisoprolol). Pumpfunktion meines Herzens ist gut, leichte Mitralklappeninsuffizienz, mittelstark vergrösserter Vorhof links, Neigung zu Vorhofflimmern, mit Betablocker aber sehr gering). Der versuchte Wechsel auf den Calciumantagonisten Isoptin hat nicht geklappt. Vielleicht hätte ich mir ein paar Tage Zeit lassen müssen - aber die vielen Extrasystolen unter Verapamil 120mg retard haben mich unsicher gemacht. Da meiner Meinung nach Verapamil die Episoden nicht verkürzt (lasse mich aber gerne belehren), sondern nur erträglicher gestaltet, bin ich auf den Betablocker zurück. Mit Eletriptan ist die Episode jetzt schon viel erträglicher als jede andere bisher.

Zusammengefasst: Sauerstoff und ein Triptan mit Langzeitwirkung helfen mir sehr. Am liebsten hätte ich Frovatriptan ausprobiert. Es ist aber nirgends erhältlich im Moment.
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