Neuvorstellung und ein Bündel Fragen

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Katinkakatink
Beiträge: 3
Registriert: Do 30. Jun 2022, 21:59

Neuvorstellung und ein Bündel Fragen

Beitrag von Katinkakatink »

Hallo in die Runde,

- mein Name ist Katinka, 42 Jahre alt und ich leide an episodischem Cluster-Kopfschmerz.
- Bin Vollzeit berufstätig, mit unregelmäßigen Arbeitszeiten, also auch mal am Wochenende und abends
- seit der 2. Klasse Migräne. Dann kam mit Anfang 30 der Cluster dazu.
- Cluster-Diagnose 2020 Kopfklinik Heidelberg.
- Seit 2012/13 alle zwei Jahre Cluster-Episoden.
- Längste Episode 3 Monate, kürzeste 4,5 Wochen.
- Primäre Symptome: Streng einseitig rechts, extreme stechende, brennende, teils wellenartige Schmerzen oberhalb und neben Auge, Oberkiefer, Nasenwurzel, Schläfe, Nacken unterhalb Schädelknochen, unter Schulterblatt. Rechts Nasenloch verstopft, Auge rechts tränt, manchmal sogar beide. Extrem starke Übelkeit, manchmal Erbrechen wenn der Schmerz extrem schlimm ist. Meistens nicht lichtempfindlich, Bewegung macht auch nix, aber geräuschempfindlich bei dumpfen Geräuschen. Die hallen dann als Schmerzspitze in meinem Kopf wider.
- Vielleicht ungewöhnlich: Ich lege mich lieber hin bei einer Attacke, zapple mit den Beinen. dehne die Beine, knackse mit den Fingern, strecke mich, recke mich, usw.
- Akut-Medikamente: Sumatriptan Injekt, AscoTop nasal. Helfen meist sehr gut! Auch die Schmerzen im Nacken und Schulterblatt gehen jedesmal weg damit.
- Experimentiere seit dieser Episode mit Lidocain (siehe unten)
- Sauerstoff: Noch nicht probiert, soll folgen.
- Was mir sonst noch hilft: Kühlpacks auf dem Kopf. Aber auch nicht immer, manchmal ist alles so empfindlich, dann geht auch kein Eispack
- Langzeitprophylaxe: (bisher) keine, Verapamil steht im Raum, will ich nicht nehmen, so lange Episoden "nur" alle zwei Jahre
- Episoden-Brecher: 2020 mit Kortison probiert, hat geklappt, aber zu schnell abgesetzt. Meine Hausärztin will es mir aber nicht länger geben als eine Woche, weil sie sagt, dann müsse man es in 10er-Schritten ausschleichen
- Bisher Episoden nur im Frühjahr und Herbst, jetzt plötzlich im Sommer:

Bin aktuell seit Ende Mai in einer Episode. Die ist zum Glück nicht so schlimm wie die letzte, habe "nur" 1-3 Attacken pro Tag, meistens morgens und abends, und wenn er Laune hat, kommt der Cluster auch mal gerne gegen späten Nachmittag, selten nachts. (Beim letzten mal waren es 6-8 Attacken Tag und Nacht) Bin aber trotzdem ziemlich fertig diesmal und seit dieser Woche endlich krank geschrieben.

Ich habe ein paar aktute Fragen mitgebracht, vielleicht kann/mag sie jemand beantworten. Würde mich sehr freuen :) Hab übrigens gestern meinen Mitgliedsantrag für die CSG gestellt und abgeschickt, freu mich bald dabei zu sein :-))


ERFAHRUNGEN MIT CORTISON?

Ich würde es so gerne wieder nehmen, denn ICH MAG NICHT MEHR UND WILL DASS DER CLUSTER VERSCHWINDET! Sorry, das musste mal raus :oops:
Also hat jemand einen Plan davon, wie ich das Kortison am besten einnehme, damit die Episode unterbrochen wird? Beim letzten Mal war es so: 4 Tage 100 mg Prednisolon, dann alle zwei Tage in 25er Schritten runter. Leider kamen damals an Tag 5 wieder Attacken. Bin über jeden Tipp dankbar.


ERFAHRUNGEN MIT LIDOCAIN?

Ich habe es dieses mal erstmals ausprobiert, nach Anleitung der Uni-Klinik Heidelberg: Hinlegen, Kopf über Bettkante und überstrecken, Tropfen in die Nase, 2 Minuten so liegen bleiben, Rest ausspucken. Hat tatsächlich funktioniert die Attacken zu kupieren, aber: Es brennt ganz furchtbar. Ist zwar besser als der Schmerz, aber auf Dauer extrem unangenehm. Wenn ich das Lidocain morgens getropft habe, hatte ich bis nachts starkes Brennen bis in die Nebenhöhlen. Wer hat noch Erfahrungen damit? Hat es bei Euch auch so gebrannt? Habt ihr euch eine extra Lidocain-Lösung in der Apotheke anrühren lassen? Falls "ja", was war da drin? Und hat die dann weniger gebrannt?


ERFAHRUNGEN MIT "AUSKURIEREN"?

Endlich bin ich seit Montag krank geschrieben, und ich habe jetzt schon das Gefühl, dass es mir besser geht. Gestern erstmals 24 Stunden schmerzfrei (heute Nacht um 0:30 kam aber wieder eine Attacke). Wahrscheinlich klingt die Episode einfach langsam ab, und ich war deshalb gestern schmerzfrei. Aber generell frage ich mich, ob einem in einer Episode Ruhe im Sinne von "keine Anstrengung" gut tuen würde? Schließlich sind da Gefäße im Kopf entzündet? Und die Entzündung muss raus? Wie sind Eure Erfahrungen? Bisher habe ich immer gearbeitet, bzw. es war immer ein "on/off", mal ein paar Stunden im Büro, mal zu Hause geblieben. Hab mich nie getraut mich richtig krank zu melden, Angst um den Job. Ihr kennt das vielleicht. Aber diesmal hat`s mir gelangt, ich kann einfach nicht mehr! Bin wirklich fertig, zwar wenige Attacken aber die haben es in sich und ich fühle mich jedes Mal danach, als wäre ich nen Marathon gelaufen. Im Büro denken alle ich habe gerade eine Sonderform des "Status Migraenosus", weil ich mich noch nicht traue, mich zu outen. Habe nur einen befristeten Vertrag. Aber zurück zur Frage: Was tut Euch während einer Episode gut? Ausruhen?


MÖGLICHER AUSLÖSER FÜR AKTUELLE EPISODE?

Die Episode begann am 22. Mai. Bis Ende Mai steigerte sich die Anzahl der Attacken. Manchmal hatte ich zwei Tage keine, dann plötzlich zwei an einem. Bis es sich wieder soweit hochschaukelte, dass ich praktisch seit dem 1. Juni täglich 1-3 Attacken habe. Am 22. Mai, also als ich die erste Cluster-Attacke dieser Episode hatte, habe ich begonnen ein Antibiotikum zu nehmen. Außerdem gab es einen starken Luftdruckabfall (Trigger bei mir) und ich habe einen Tag später meine Periode bekommen. Die Ärzte konnten mir nix dazu sagen, also ob alle drei Ereignisse oder nur eines davon die aktuelle Episode ausgelöst haben könnte(n). Außer, dass es schon sein kann, dass mein "System überfordert" war. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?


AUSLÖSER ANTIBIOTIKUM? HAT ES MEINE GUTEN DARMBAKTERIEN ZERSTÖRT?

Dann hab ich angefangen zu recherchieren, bin auf so einen Hype von 2017 gestoßen, dass angeblich Darmbakterien an Kopfschmerzen schuld sind. Durch die gezielte Gabe von einem bestimmten Symbiotikum seien sogar Cluster-Kopfschmerzpatienten geheilt worden. Ich habe sogar einen Betroffenen gefunden, mit dem ich in einem anderen Forum gechattet habe. Der behauptet, er sei durch das Zeug von seinem Cluster-Kopfschmerz befreit worden und hätte seit 5 Jahren keine Attacke gehabt. Ist da was dran an der Geschichte mit den Darmbakterien? Gibt es hier solche Fälle? Oder ist das nur Geldmacherei?


Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit und würde mich sehr über den Erfahrungsaustausch mit Euch freuen!

Allen hier wünsche ich von Herzen einen erträglichen oder im besten Fall schmerzfreien Tag!

Katinka
Jakob-Waldfeucht
Beiträge: 82
Registriert: Fr 31. Mär 2017, 07:23

Re: Neuvorstellung und ein Bündel Fragen

Beitrag von Jakob-Waldfeucht »

Hallo Katinka,

zu Kortison:
der Normal ist, wie deine Hausärztin richtig sagt, mit etwa 100 mg beginnen und dann alle 2-3 Tage um 10-20 mg reduzieren. Wichtig: Häufig kommt beim Abdosieren in der Größe um die 50 - 60 mg ein Wiederaufflammen der Attacken - dann auf die vorherige höre Stufe wieder aufdosieren und nach drei, vier Tagen wieder mit dem Ausschleichen fortfahren.

zu Lidocain:
hab keine Erfahrungen damit.

zu Auskurieren:
in einer Episode ist man nur sehr eingeschränkt leistungsfähig, Man hat Probleme, die man selbst oftmals gar nicht wahrnimmt - aber die Umwelt: Vergesslichkeit, Wortfindungsstörungen, Fahrigkeit usw. Und dieser Zustand besteht häufig noch u.U. wochenlang nach dem Ende der Episode fort!!! Je nachdem wie anspruchsvoll dein Job ist (Kranken-/altenpflege, Busfahrer, Lokführer, Pilot, Maschinebediener usw.) gefährdest du dich und Andere, wenn du in der Episode arbeiten gehst. Sicherlich ist das Problem "Probezeit" und allgemein "erhöhte Ausfallzeiten" ein ganz großes. Aber die Folgen einer unachtsamen Handlung (mit evtl. Personen- oder auch "nur" Sachschäden) kann dramatisch schlimmer sein. Du solltest mal über "Schwerbehinderung" nachdenken...

zu Auslöser der Episode:
die Episoden kommen - so oder so, das ist nicht zu verhindern. Ob dann ein bestimmter Auslöser dafür verantwortlich gemacht werden kann, ist sehr fraglich. Wahrscheinlich wäre auch bei allerbesten äußeren Umständen deine Episode am 22.5. gestartet... der geschilderte Verlauf (anfangs leicht, später mehr, zur Mitte unerträglich und dann langsam wieder abklingend) ist ganz typisch. - Stichwort TRIGGER: Trigger lösen AUSSCHLIEßLICH in der EPISODE einzelne (zusätzliche) Attacken aus. Trigger KÖNNEN SEIN: Alkohol, Hitze, große Höhen (Gebirge), helles Licht, Flackerlicht, (wummernde) Geräusche, Gerüche (Fisch, Ausdünstungen beim Tanken, Parfum), bestimmte Nahrungs- oder Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Käse, Tomaten, Glutamat u.v.m.) und jede Menge andere Trigger sind möglich. Typischerweise sind aber nur zwei, drei vielleicht vier der Genannten individuell wirksam - TESTEN.

zu Antibiotikum:
Ein diesbezüglicher Zusammenhang - insbesondere mit den Darmbakterien - ist mir nicht bekannt.

Ganz Wichtig:
Du schreibst, dass du Sauerstoff noch nicht versucht hast. Das solltest du schnellstens in die Wege leiten. Dieser wirkt in rund 70-80% der Attacken innerhalb weniger Minuten bei richtiger Anwendung absolut nebenwirkungsfrei!!!! Zur richtigen Anwendung lade dir die Info-Broschüre auf clusterkopf.de - Downloads - Broschüren herunter. Dort findest du auch Infos zu den anderen (teilweise angesprochenen) Prophylaktika und ihrer richtigen Anwendung und Dosierung.

Bei weiteren Fragen melde dich einfach mal vormittags unter der Hotlein-Nummer 0800 -111444888 (gebührenfrei).

Alles Gute

Jakob
Katinkakatink
Beiträge: 3
Registriert: Do 30. Jun 2022, 21:59

Re: Neuvorstellung und ein Bündel Fragen

Beitrag von Katinkakatink »

Vielen Dank für Deine Rückmeldung @Jakob-Waldfeucht

Gerne nehme ich Dein Angebot an und melde mich morgen mal unter der Hotline (so ich denn morgen früh attackenfrei bin).

Viele Grüße,

Katinka
Annette72
Beiträge: 13
Registriert: Sa 13. Feb 2021, 17:32

Re: Neuvorstellung und ein Bündel Fragen

Beitrag von Annette72 »

Hallo Katinka,

ich bin selbst von Clusterkopfschmerzen seit ein paar Jahren betroffen und möchte DIr gerne meine Erfahrungen mitteilen. Vielleicht ist eine hilfreiche Information dabei.

Keine Info kann ich Dir zu Lidocain und den Darmbakterien geben.

Der erste Weg ist wirklich, dich um Sauerstoff zu kümmern. Über die CSG bekommst du Vordrucke für die Rezepte und den Hilfsmittelbedarf. Es bringt wirklich Linderung und Hilfe. Ich mache es so, dass ich über die Maske in den ersten fünf Minuten 12-15 l O2 atme und anschliessend bis zum Abklingen 10-12 l . Den Sauerstoff brauchst du für diese kurze Zeit nicht anfeuchten. Der Behälter wird sonst zur Bakterienschleuder und das Wasser ist für diesen hohen Durchfluss lästig. Anfeuchten braucht man nur bei Dauertherapie bei bestimmten Erkrankungen. Lass dir vom Sanitätshaus keinen Sauerstoffkonzentrator aufschwatzen. Der produziert zu wenig 02. Wenn es mir erlaubt wird, kann ich dir die Firma Löwenstein medical empfehlen. Super Service, Notdienst , unkomplizierte Abwicklung, diese Firma ist ein Segen. Kontakt: www.hul.de Einfach anrufen.
Mit dieser Therapie hast du keine Nebenwirkungen oder Abhängigkeiten. Du kannst Bedarf für zuhause und für die Arbeit anmelden.

Zu Cortison: ich habe bereits die Tablettenversion versucht mit normalem Erfolg , aber bei Reduzierung raschem Wiederaufflammen.
In Königstein habe ich und bei meinem Neurologen mache ich eine Infusionstherapie mit 1000mg Cortison über drei Tage. Das ganze läuft über eine Kurzinfusion in der Praxis. Schon in der Kopfschmerzklinik in Königstein war der Erfolg super. Prompte Schmerzlinderung . Das ganze hält bei mir drei Wochen( ich bin aber auch Chroniker). Einfach mal ansprechen. Ein Versuch lohnt. Zum Thema Cortison- dosierungen befrage bitte einen Neurologen oder Clusterkopfschmerzexperten. Hausärzte trauen sich nicht an benötigte Dosierungen und Schemata heran und dosieren unter Umständen zu gering und brauchen eeewig zum Ausschleichen. Eine Liste mit Experten hat der Verein vorliegen.

Verapamil ist eine ernsthafte Option und wirklich zum Überlegen.

Ansonsten hast du ja schon viele Hilsmittel, die die Attackenbekämpfung unterstützen. Wenn du fragen hast, einfach melden. Ich bin u. A. auch Ansprechpartnerin ( meine zweite Erkrankung is die paroxsysmale Hemikranie). Meine Mail: annette.schmid@clusterkopf.de

Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen, wünsche dir eine gute Zeit.
Liebe Grüße
Annette
zimbelstern
Beiträge: 31
Registriert: Sa 5. Jun 2021, 00:22
Wohnort: Graz / Österreich

Re: Neuvorstellung und ein Bündel Fragen

Beitrag von zimbelstern »

Hallo Katinka,
ich habe deinen Beitrag eben erst gesehen - bin Chronikerin, also nicht ganz vergleichbar mit deiner Situation, aber zu manchem kommt mir doch der eine oder andere Gedanke:

Cortison:
Wenn du damit gute Erfahrungen gemacht hast, um Schmerzphasen zu beenden, dann bleibe da auf jeden Fall im Gespräch mit deinen Ärzten.

Attackenfrequenz / wie es dir geht:
Du schreibst von "nur" 1-3 Attacken am Tag. Meine Erfahrung ist: die Frequenz ist nicht das allein aussschlaggebende Kriterium, wie es einem in Attackenphasen geht - auch die Dauer der einzelnen Attacken und die Stärke spielen da erheblich mit hinein. Wenn du schreibst, dass du dich danach jedes Mal wie nach einem Marathon fühlst, dann kann ich das gut nachfühlen. 2 Stunden Attacke durchzukämpfen kostet irrsinnig Kraft. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass du da auf deine Kräftegrenzen hörst, auch wenn ich deine Sorgen i.S. Arbeitsplatz sehr gut nachvollziehen kann.
Dennoch bin ich da bei dem, was dir Jakob schon geantwortet hat: die Leistungsfähigkeit in Attackenphasen ist massiv eingeschränkt, die Konzentration beeinträchtigt. Bitte dich deshalb gut abzuwägen: Arbeitsplatz auf der einen, Risiko durch beeinträchtiges Arbeiten auf der anderen, deine Kräfte auf längere Sicht auf der dritten Seite.

Das ist immer wieder eine schwierige Entscheidung: krank schreiben oder doch irgendwie versuchen? Deine Zwickmühle kommt mir sehr bekannt vor. Möchte dir dennoch raten, gut auf deine Kräftegrenzen zu achten. Nicht nur aus dem Moment heraus, sondern vor allem auch auf Sicht: meine Erfahrung ist: man kann sich eine Zeitlang durchkämpfen, das DENNOCH vornean setzen und sich nicht krankschreiben lassen - aber die Batterien werden immer leerer, der Krafttank lässt sich nach und nach schwerer auffüllen. Auf längere Sicht habe ich deshalb gelernt, meine eigenen Grenzen zu achten. Nicht leichtfertig mich krank zu melden, aber eben auch nicht um jeden Preis jede Stunde übers Knie brechen.
Mit Cluster zu leben, kostet einfach Kraft. Und die hat man nicht unendlich.

Mit Lidocain habe ich keine Erfahrung, Sauerstoff würde ich dir raten, ganz schnell zu versuchen, in die Wege zu leiten. In einem hohen Prozentsatz der Fälle hilft dieser, Attacken zu kupieren - und das ohne Nebenwirkungen.

Wünsche dir, dass die Attacken bald wieder weniger werden und aufhören,
Zimbelstern
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