Neuvorstellung von Clustermigräne

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Clustermigräne
Beiträge: 7
Registriert: Sa 28. Apr 2018, 20:25

Neuvorstellung von Clustermigräne

Beitrag von Clustermigräne »

Hallo,

ich bin neu hier.

Bin ein Mittvierziger aus Berlin und jetzt gerade auf Schmerzstufe 5-6.

Mich überfiel das Grauen 2009. Tägliche und allnächtliche Schmerzen... Jahrelange Suche nach passender Diagnose, da für mich (im Gegensatz zu den Ärzten) weder Cluster noch Migräne noch Spannungskopfschmerz richtig passten.

Nach einem Klinikaufenthalt habe ich jetzt endlich einen neuen Namen für meine Krankheit bekommen: Chronisches Cluster-Migräne-Overlap-Syndrom oder Chronische Clustermigräne.

Es ist zwar keine offizielle Diagnose nach ICD-10, aber die Symptomatik existiert und ist (wenigen) Spezialisten bekannt. Und sie ist für mich immerhin deutlich passender als nur Cluster oder Migräne. Wird auch etwas anders behandelt. Ist natürlich extremst selten.

Gibt es hier womöglich Leidensgenossen mit ähnlich grausamem Gemisch :?:

Im Netz fand ich kaum Hintergrundinfos dazu. Kennt jemand Quellen :?:

Herzlicher Gruß an alle Clusterköpfe
Wolkenblick
Beiträge: 31
Registriert: Do 7. Dez 2017, 08:12

Re: Neuvorstellung von Clustermigräne

Beitrag von Wolkenblick »

Hallo Clustermigräne,

erstmal herzlich Willkommen in diesem Forum, in dem ich selber noch recht neu bin. Du könntest etwas mehr Info geben, denn so kommst du zwar mit einem neuen Namen für dein Gemisch, aber wie es sich in der Praxis genau darstellt, wird nicht deutlich. Was ist bei dir chronisch: Der Migräne- oder der Clusteranteil oder beide? Wie sind die Symptome? In welcher Klinik warst du und wie sieht die Therapie aus? Zeigt sie Erfolge?

Ich (w) habe nach über 30 Jahren unbehandelter Attacken zuerst die Diagnose „Cluster-Migräne“ erhalten. Ich setze das bewusst in Anführungszeichen. Inzwischen gilt es offiziell als episodischer Clusterkopfschmerz. Den hatte ich allerdings schon mit 20 (bin jetzt 55) und erst viele Jahre später bekam ich zusätzlich Migräne. Spannungskopfschmerzen habe ich übrigens ebenfalls.

Die Migräne wurde erkannt, der Cluster immer noch nicht, und als ich irgendwann selber mit dem Verdacht auf CK kam, wollte mein Spezialist sich wohl keine Blöße geben oder war schlicht nicht gut informiert. Ich habe also Migräne und Clusterepisoden und bin damit nicht allein. In den CK-Episoden kann ich auch Migräne kriegen. Wenn meine Migräne außerhalb einer Episode an der Clusterseite auftritt, bekomme ich genau den Druck und die verstopfte Nase und in der Folge trotz Ruhebedarf den Bewegungsdrang wie bei einer Clusterattacke oder einem CK-Hintergrundschmerz. Außerdem habe ich bisher eine einzige CK-Episode erlebt, in der die Attacken mit Licht- und Lärmempfindlichkeit und Übelkeit wie bei einer Migräne einhergingen.

So wie ich es sehe, habe ich Läuse und Flöhe und keine Flohläuse. Die Überlappung rechtfertigt noch nicht, es etwas schwammig Cluster-Migräne zu nennen. Insbesondere, da man dann allzu schnell doch wieder als bloßer Migränepatient eingestuft und falsch/unzulänglich behandelt wird. Bei dir mag der Fall ja anders liegen, das will ich gar nicht infrage stellen; dann interessiert mich aber, wie sich dein Beschwerdebild (und dessen Therapie) von der Kombination Migräne und CK unterscheidet.

Jedenfalls hoffe ich, dass sich deine Schmerzen inzwischen gebessert haben.

Liebe Grüße
Wolkenblick
Clustermigräne
Beiträge: 7
Registriert: Sa 28. Apr 2018, 20:25

Re: Neuvorstellung von Clustermigräne

Beitrag von Clustermigräne »

Hallo Wochenblick,

danke für Deine Antwort und Dein Willkommen.

Seit ein paar Stunden geht es (wohl dank Ascotop Nasal) ganz gut.

Gerne geb ich Dir (und wer noch mitlesen mag) mehr Infos - ich hab mich erstmal zurückgehalten mit Details in meiner ersten Nachricht... wollte mich erstmal ranschnuppern und auch niemanden mit zuviel Input auf einmal erschlagen. Diese Nachricht wird also deutlich länger...

Vorab: Für mich persönlich ist nur ein gradueller Unterschied zwischen "Migräne + Cluster" und Clustermigräne. Zumindest kann ich die beiden Schmerzarten/Schmerzphasen bei mir nur manchmal klar unterscheiden. Oft ist es eben auch wie ein Gemisch.

Ich beschreibs mal chronologisch von hinten:

Symptome: Chronisch ist bei mir das Gemisch aus verschiedenen Symptomen unterschiedlicher Diagnosen: Seit einem halben Jahr:
Täglich ca. 3-16 Schmerzstunden (überwiegend morgens, vormittags und abends). Von Stufe 1-9 (11 wäre "aus dem Fenster springen"). Die Schmerzen sind zu 97% links, mal ums Auge (dann meist heftiger), mal sonstwo links (dann öfter weniger heftig bis leicht). Schmerzdauer 10 Minuten (nur wenn Sauerstoff hilft) bis 16 Stunden. 1-6 Schmerzwellen/24 Stunden. Kein einschießender Schmerz, sehr unterschiedlich schnell ansteigend. Im Schmerz teils eher Ruhebedürfnis, teils wirds schlimmer bei Ruhe. Aber kein Bewegungsdrang. Nur 2 "halbe" autonome Clustersymptome und auch nur manchmal: 1. Bedürfnis, das linke Auge kleiner zu halten (sieht man aber wohl kaum) und 2. etwas geschwollenere Nase, auch nur manchmal. Manchmal Licht- und oft Geräuschempfindlichkeit (je heftiger, desto eher). Einige wenige Auren pro Jahr. Keine Übelkeit. Bin kein Raucher ,aber in früher Kindheit wurde viel geraucht zuhause. "Episoden" habe ich höchstens im Sinne von ab und zu 2-5 bessere Tage und dann wieder 3-12 üble Tage.

Therapie: Unwirksam: CGRP-Antikörper, Botox, Amitriptylin, ß-Blocker. Entspannung, weniger Stress, Psychotherapie. Wirksam: Cortison, Triptane, Koffein (manchmal), Sauerstoff (öfter), evtl. Lyrica + Candesartan als Prophylaxe (teste ich aktuell). Verapamil wirkte eher nicht, aber vielleicht zu früh abgesetzt.

Die Wende: Vor einem halben Jahr war ich in der Schmerzklinik Berlin. Dort erst entstand zunächst die Arbeitshypothese "Cluster" (nach vielen Jahren "Chronische Migräne"-Diagnose), dann Cluster-Migräne-Overlap-Syndrom. Seither Sauerstoff, Koffein und Ascotop akut sowie als Prophylaxe: Candesartan, Lyrika und (endlich mit gutem Gewissen:) 1 x Naratriptan oder Ascotop abends (nachdem ich früher als "Migräniker" wegen des hohen Triptankonsums u.a. von einem Doc als Verbrecher gebrandmarkt wurde). Das revolutionär Neue ist der Sauerstoff und dass er öfter hilft. Allerdings habe ich das Gefühl, dass dafür häufiger als früher neue Schmerzwellen kommen. Es geht mir insgesamt besser, da die Nächte zumindest bis früh morgens oft schmerzfrei sind und die Schmerzintensität durchschnittlich 1-2 Stufen runter ist.

Die Jahre vor dieser Schmerzklinik hatte ich ca. 5-20 Schmerzstunden täglich/nächtlich von Schmerzstufe 1-10. Damals hatte ich mindestens eine Schmerzphase nachts, was mir die Nächte völlig zerschoss.

Weitere Diagmose-Optionen: Als alles begann 2009, war es vor allem ein nächtlicher Schmerz, nach dem ich fast die Uhr stellen konnte - das spräche wiederum für "Hypnic Headache".
Heute würde ich auch Anteile von "Hemicrania Continua" nicht ausschließen wollen (passt auch nicht völlig, würde aber die vielen Schmerz-Stunden besser erklären können).
Und auch "faziale Migräne" klingt nicht weit entfernt (hier ist ja der Schmerz auch unter dem Auge).

Das Leben mit der falschen/ungenügenden Diagnose: In den 8-9 Jahren Schmerz habe ich mich in der Diagnose "Chronische Migräne" nie ganz zuhause gefühlt. Es fehlte was und es passte auch nur teils. Auch, weil einige typische Prophylaxen nicht wirkten. Und keine Übelkeit. Und bei Ruhe teils Schmerzverstärkung. Und teils so starke (und auch lange Stunden andauernde und häufige) Schmerzen, dass Suizid phasenweise ein Thema wurde (seit der Klinik deutlich besser).
"Cluster" passte aber eben auch nur teils (hatte ich selbst oft überlegt, dann aber eher immer wieder verworfen. Die Ärzte sahen gar keinen "Cluster" bei mir bis 2017). Und so ist "Clustermigräne" die Antwort auf viele meiner jahrelangen Fragen. Außenstehende könnten ja vermuten, dass Diagnosen nicht so wichtig wären. Aber wer jahrelang von zahllosen Ärzten mit der Fehldiagnose "reine chronische Migräne" festgetackert wurde, weiß, was das für konkrete Auswirkungen hat: Natürlich Fehlbehandlung (auch in Kiel!), aber eben auch Psychosomatisierungs-"Gewalt", der ständige Druck, bloß nicht zuviel Triptane zu nehmen (die wirkten immer am besten!), immer neue Forderungen nach Triptan-Entzug, obwohl ich längst wusste, dass so viele Migräne-Prophylaktika bisher nicht wirkten und ich in sofern keinen Hoffnungsschimmer in einem erneuten Entzug sah. Ich selbst spürte, dass es da eine andere Wahrheit geben musste, aber kein Arzt wollte mit mir forschen (die Heilpraktiker hatten ihre ganz eigenen meist völlig unpassenden Ideen oder Heilsversprechen und von Cluster natürlich sowieso null Ahnung)... ich fühlte mich von Gott und dieser Welt völlig verlassen.

Deinen Satz, dass man bei Clustermigräne schnell wieder in der Migräneecke landen kann, fand ich insofern treffend und hilfreich. Viellleicht nenne ich es zukünftig bei Halbwissenden z.B. eher "seltene Clustervariante" und wer dann nachfragt, kriegt mehr Infos.

Ja... Die unterschiedlichen Begriffe lösen so viel Unterschiedliches aus - und das hat vor allem ernste Folgen!

Vermutlich bin ich hier auch nicht der einzige, der den Begriff "Kopfschmerz" eher meidet wie die Pest... ;)

Nun denn, Wochenblick: Unterscheidet sich die Therapie bei uns beiden? Wie ist es bei Dir?

Spannend, dass Du auch beide Aspekte in Dir trägst.

Freu mich, von Dir und auch von anderen zu hören.

Liebe Grüße

Clustermigräne

P.S.: Hinweis an die Forums-Technik: Als ich diese Nachricht abschicken wollte, musste ich mich neu anmelden und dann war der Text weg... zum Glück hatte ich extra abgespeichert!
Wolkenblick
Beiträge: 31
Registriert: Do 7. Dez 2017, 08:12

Re: Neuvorstellung von Clustermigräne

Beitrag von Wolkenblick »

Hallo Clustermigräne,

Eine unschöne Gemengelage. Da hast du ja einiges durch und bist trotz Enttäuschungen am Ball geblieben: Klasse.

Meine Migräne ist auch nicht immer gleich. Manchmal nimmt sie im Liegen stark zu. Übelkeit und vor allen Dingen Erbrechen sind die Ausnahme und wurden wesentlich schlimmer unter MCP-Tropfen. Dafür bin ich ganz groß in Sprach-, Planungs- und Handlungsstörungen. Von zirka 20 Migräne-Tagen pro Monat habe ich es auf etwa 2 runter geschafft. Bei CK-Attacken habe ich einen enormen Bewegungsdrang, muss mich aber oft hinlegen weil ich mich kaum aufrecht halten kann.

Mein CK blieb lange unbehandelt, deshalb kann ich zu Medikamenten nicht viel aus eigener Erfahrung beitragen. Im Herbst 2017 bekam ich als erste wirkliche Therapie überhaupt Prednisolon 80 mg ausschleichend und Zolmitriptan Nasenspray. Hat es geholfen? Ja: Die CK-Attacken kamen nicht mehr richtig durch. Und jein, denn beim Ausschleichen hatte ich bald wieder massive, andauernde Hintergrundschmerzen, die nur mit Triptane vorübergehend nachließen. Ingwer, kühlen oder starker Kaffee waren ein Tropfen auf dem heißen Stein. Schlafen ging nicht unter Cortison, höchstens eine Stunde Dämmerschlaf pro Nacht, dafür hatte ich einen Mordsrappel und noch Wochen nach dem Absetzen kaum nennenswerten Schlaf. Also Dauerschmerzen und völlig erschöpft. Dazu ein ungutes Gefühl wegen des Cortisons weil ich schon eine Osteopenie habe.

Die Neurologin wertete die Therapie als Erfolg; wie es mir dabei ging, interessierte nicht. Auch zum Ausschleichschema hätte sie kaum schwammiger sein können. Nach der Episode hat sie eine Prophylaxe vorgeschlagen: Verapamil oder Topiramat, wobei sie lieber Topiramat einsetze. Die Prophylaxe solle ich dann ständig nehmen, weil sie sonst bei einer Episode nicht schnell genug greife. Ich sehe es aber nicht ein, so ein Mittel dauerhaft einzunehmen, wenn meine Episoden zwar gern halbjährlich kommen, dafür manchmal bis zu 2 ½ Jahre auseinander liegen.

Von Sauerstoff hält die Neurologin nichts: “Wer will sich das schon hinstellen?“ Will ich eigentlich auch nicht, aber wenn es doch helfen könnte... Ich habe Angst vor Sauerstoff im Haus, Angst davor, dass die Attacken davon zunehmen und davor, was mein Asthma dazu sagt. Sonst hätte ich in der Hinsicht längst Druck gemacht. Der Lungenarzt meint, das ginge schon in Ordnung. Er ist aber auch der Ansicht, dass 4-6L/Minute vollkommen reichen und: „Wer will sich das schon hinstellen?“ Im Grunde brauche ich eine Anlaufstelle, wo ich mich besser aufgehoben fühle, und mehr Selbstbewusstsein um meine Belange durchzusetzen - das ist mir völlig klar.

Wie habe ich es vor der Diagnose gehandhabt? Mich zurückgezogen, zugesehen dass die Kinder zumindest von den CK-Attacken nichts mitbekommen. Mich daran festgehalten, dass die Attacken noch immer ohne bleibende Folgen wieder verschwanden, das Fenster aufgerissen, mich auf meinen Atem konzentriert, sogar Pfefferminzöl oder Tabasco ins Nasenloch gerieben. Na ja.

Dir alles Gute. Ich hoffe die anderen können, mit den Infos die du jetzt gegeben hast, mehr zu deinem Fall beitragen.

Liebe Grüße
Wolkenblick
shark
Beiträge: 9
Registriert: Mi 15. Nov 2017, 15:07

Re: Neuvorstellung von Clustermigräne

Beitrag von shark »

Gut mal jemand aus Berlin zu hoeren.
wenn du magst meld dich einfach
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